Der Gebrauchtmarkt für Gitarren boomt – und mit ihm leider auch der Handel mit Fälschungen. Wer auf Seiten wie Reverb, Ebay & Co. nach günstigen Schnäppchen und alten Vintage-Schätzchen sucht, sollte also stets Vorsicht walten lassen und die Angebote genau prüfen. Besonders beliebte Marken wie Fender, Gibson, PRS oder Ibanez werden natürlich am häufigsten kopiert. Oft sogar so geschickt, dass selbst erfahrene Gitarristen zweimal hinsehen müssen. Der Kauf einer gefälschten Gitarre kann nicht nur finanziell ärgerlich sein, sondern auch in puncto Klang und Spielgefühl eine große Enttäuschung bedeuten. In diesem Beitrag geben wir dir nützliche Tipps, wie du gefälschte Gitarren erkennst und worauf du beim Kauf achten solltest!
Zu schön um wahr zu sein? – Preis und Angebot kritisch prüfen
Oft locken Fälscher mit besonders niedrigen Preisen. Eine Fender Custom Shop oder eine echte Gibson Les Paul für 300 Euro? Was nach einem vermeintlichen Schnäppchen klingt, ist oft zu gut um wahr zu sein und entpuppt sich meist als böse Überraschung nach dem Kauf.
Tipp, bevor du kaufst: Schaue dir den allgemeinen Marktwert gleicher oder ähnlicher Modelle an und vergleiche mit üblichen Preisen seriöser Anbieter. Auch wenn die Chance besteht, dass es sich um ein viel zu günstig angebotenes Originalinstrument handelt, solltest du bei allzu großen preislichen Abweichungen vom üblichen Marktpreis immer skeptisch bleiben und das Angebot ganz genau überprüfen.
Seriennummer-Check

Gerade hochpreisige Instrumente auf Custom-Shop-Niveau haben in der Regel individuelle Seriennummern, über die man Informationen wie die Modellbezeichnung, das Baujahr und die Fertigungsstätte herausfinden kann. Viele Hersteller geben Auskunft auf der offiziellen Herstellerseite, in Datenbanken oder über den hauseigenen Support, um gefälschte Gitarren erkennen zu können.
Hier findest du ein paar nützliche Ressourcen zu den bekanntesten Herstellern:
- Gibson Serial Number Search
- Fender Serial Number Lookup
- PRS Infoseite zur Identifikation des Baujahrs
- Infoseite zu Seriennummern im Ibanez Wiki
Rechnungen, Zertifikate & Zubehör
Originalzubehör wie Koffer, Echtheitszertifikate, Garantiekarten usw. sind eine weitere Möglichkeit, die Authentizität einer Gitarre zu überprüfen. Fälschungen kommen oft ohne diese Zubehörteile oder nur mit qualitativ minderwertigen Kopien. Lasse dir auch in jedem Fall die Originalrechnung des Erstkaufs präsentieren und nach Kauf aushändigen. Wenn das Instrument nachweislich als Neuware bei einem seriösen Musikalienhändler gekauft wurde, ist die Chance auf eine Fake-Gitarre eher gering.

Verarbeitung und Details

Da Fälscher oft bei den Details sparen, sind Fakes in den seltensten Fällen exakte Kopien der Vorbilder. Gewisse Merkmale können also Warnzeichen sein, die man vor dem Kauf prüfen sollte:
- Ist die Lackierung gleichmäßig und sauber ausgeführt?
- Sind Firmenlogo, Modellbezeichnung usw. an der richtigen Stelle?
- Ist die Hardware (Brücke, Mechaniken, Schlagbrett usw.) richtig platziert?
- Sind Übergänge von Schraub- und Leimverbindungen passgenau gefertigt?
- Ist der Hals nicht verzogen und sind die Bundstäbe korrekt eingesetzt?
Selbstverständlich gibt es auch bei den großen Herstellern schon mal die eine oder andere ‚Montagsgitarre‘, bei der die Verarbeitung nicht an allen Stellen tadellos ist. Verarbeitungsfehler müssen also kein eindeutiger Beweis für eine Fälschung sein. Seriöse Anbieter sollten jedoch bereits in der Angebotsbeschreibung transparent auf solche Mängel hinweisen.
Beispiel: Gibson Les Paul Supreme
Unsere erste Fake-Gitarre, die wir genauer unter die Lupe nehmen, ist eine Gibson Les Paul Supreme. Die Gibson Les Paul Supreme wurde zuerst auf der Winter NAMM Show 2003 vorgestellt und wurde vom damaligen Publikum sehr wohlwollend aufgenommen. Das „Top-of-the-Line“-Modell bot eine damals einzigartige Korpuskonstruktion mit gefrästen Resonanzkammern und hochwertig gemasertem Riegelahorn. Zusätzlich wurde mit optischen Finessen keineswegs gespart: Edle Gold-Hardware, mehrlagige Bindings und aufwändige Einlegearbeiten sorgen für den angemessenen Look des Top-Modells.
Da Gitarren des Herstellers Gibson traditionell die höchsten Preise auf dem Gebrauchtmarkt erzielen und einen nicht unerheblichen Anteil am Umsatz des Gebrauchtmarktes ausmachen, sind Fälschungen nicht nur besonders lukrativ, sondern oft auch vergleichsweise gut gemacht. Gerade für unerfahrene Gitarristen sind die Unterschiede mit dem bloßen Auge oft kaum direkt erkennbar.
Der Teufel steckt im Detail
Die Gibson Les Paul Supreme gehört heute zwar eher zu den exotischeren Modellen, wird aber bereits seit über zwei Jahrzehnten gebaut und angeboten. Insofern schauen wir uns zunächst die Seriennummer an und versuchen, das Baujahr zu datieren und nähere Informationen zu diesem Exemplar zu erhalten.

Die Seriennummer auf der Kopfplatte ist korrekterweise 8-stellig und lautet 02005516. Wenn wir die erste und die fünfte Stelle der Seriennummer lesen, erhalten wir das Baujahr 2005. Weitere Informationen können wir dem damals verwendeten Seriennummernformat leider nicht entnehmen. Ein Vergleich mit den damals erhältlichen Farbausführung legt nahe, dass es sich hier um eine Version in Heritage Cherry Sunburst handeln muss. Ein Blick in alte Katalogarchive des Herstellers offenbart, dass es diese Farbausführung tatsächlich gegeben hat. Bis hier gibt es zunächst also nichts zu beanstanden.
Der Teufel liegt aber bekanntlich im Detail, daher werfen wir einen genaueren Blick auf die Anbauteile und Verarbeitungsmerkmale des Instruments. Als Referenz verwenden wir ein aktuelles Modell der Les Paul Supreme aus dem Jahr 2024 in der Farbe Fireburst.
Falsche Hardware
Beim Blick auf den Korpus fällt zunächst auf, dass die Hardware-Farbe nicht einheitlich im Gold-Look gehalten ist: Die Unterlegscheibe der Einschlaghülsen ist lediglich vernickelt, originale Modelle setzen jedoch auf vollständig goldfarbene Anbauteile.

Der zweite Unterschied wird dann beim Einstimmen des Instruments deutlich. Wer bereits einige Tulip-Mechanikflügel in der Hand hatte, merkt sofort, dass die Tulip-Flügel unserer LP Supreme nicht nur zu schmal, sondern auch zu dick ausgeführt sind. Darüber hinaus macht das Hardware-Finish der Mechanikflügel einen satinierten Eindruck, originale Grover-Mechaniken sind jedoch in Hochglanz ausgeführt.

Weiter geht’s beim Buchsenblech und der Buchse. Während uns beim Original eine Metallgrundplatte mit goldfarbenen Schrauben und Überwurfmutter erwartet, bietet unser Exemplar lediglich eine cremefarbene Kunststoffplatte mit Befestigungsschrauben im Messing-Look. Die Buchse selbst macht ebenfalls keinen wertigen Eindruck. Um eine originale Switchcraft-Buchse aus US-amerikanischer Fertigung, wie bei Gibson sonst üblich, wird es sich hier jedenfalls nicht handeln.

Wer weiter sucht und genauer ins Detail geht, wird wahrscheinlich noch weitere Abweichungen vom Originalmodell finden. Wir können ab hier jedoch schon ziemlich sicher sagen, dass es sich beim vorliegenden Modell ganz klar um eine Fälschung handelt.
Zweifel? Frage einen Experten um Rat!
Wie du siehst, ist die Frage, ob bei einem angebotenen Instrument eine Fälschung vorliegt, in vielen Fällen tatsächlich nur durch einen Fachmann mit speziellem Hintergrundwissen zu klären: Stimmt die Farbschattierung der Potiknöpfe zu diesem speziellen Baujahr? Ist der Kopfplattenwinkel korrekt ausgeführt? Ist die Unterschrift des Mitarbeiters, der damals im Werk die Qualitätskontrolle durchgeführt hat, authentisch? Wie du merkst, ist hier oft wirklich detailliertes Know-How notwendig, um Fälschungen zu identifizieren. Wenn du dir also unsicher bist, kann sich ein Gang zum Musikgeschäft oder Gitarrenbauer durchaus lohnen und viel Leid ersparen.
Fazit
Gefälschte Gitarren können auf den ersten Blick täuschend echt wirken. Doch wer aufmerksam prüft, erkennt die Unterschiede schnell: Preis, Seriennummer, Verarbeitung und die Seriosität des Verkäufers sind entscheidende Indikatoren. Daher solltest du lieber ein paar Minuten mehr Zeit für Recherche investieren, als später eine wertlose Fälschung in der Hand zu halten.