Wer an Roswell denkt, denkt an Area 51. Wer an Area 51 denkt, denkt an Aliens. Und wer an Aliens denkt, denkt an fortschrittlichste Technologie – etwa einen Single Coil im Humbucker-Format. Nach dieser Argumentationskette muss ich wohl entführt worden sein. Denn eines Nachts wachte ich schweißgebadet auf, und mein Unterbewusstsein rief: „Kauf einen Single Coil im Humbucker-Format – nur der kann den Sound deiner Gitarre retten!“
Der Einstieg: Roswell Pickups – Klangwandler aus Korea
Single Coils im Humbucker-Format? Gibt’s die überhaupt? Ja, gibt es – von Roswell. Und so begann meine Liebesbeziehung zu diesen günstigen, aber hochwertigen Gitarrentonabnehmern aus Korea.
Ich bin der Typ Gitarrist, für den es keine Marketingstrategie braucht: Neu? Glitzert? Her damit! Und so bin ich auf viele Versprechungen von „Vintage Correct Wiring“, perfekten Wicklungszahlen und optischem Bling hereingefallen – bis zu jener schicksalhaften Nacht.
Der einzige Hersteller, der mein Special-Interest-Anliegen bedienen konnte, war Roswell – ein vermeintlicher Billiganbieter. Doch in meiner Telecaster arbeiten inzwischen ein 150 € teurer Lollar-Bridge-Pickup und ein 40 € günstiger Roswell Pickup quasi Saite an Saite (ja, ich stehe zu diesem Wortspiel).
Der Sound hat mich überzeugt – so sehr, dass weitere Modelle folgten: Zwei Humbucker, zwei Tron-Style Pickups in Humbuckergröße und ein zusätzlicher Single Coil im Humbuckerformat für die Bridge meiner HSS-Strat.
Verarbeitung & Flexibilität
Die Verarbeitungsqualität ist durchweg hoch. Nichts wackelt, alles ist sauber verlötet. Die Pickups kommen gut verpackt, mit verständlicher Anleitung für die richtige Verdrahtung. Besonders praktisch: Die Humbucker und Tron-Style Pickups verfügen über vier Anschlusskabel und sind daher splitbar. Viele Modelle sind sowohl für Fender- als auch Gibson-String-Spacing verfügbar – perfekt für Modifikationen wie z. B. einen PAF-Style Pickup in einer Stratocaster.
Klangvergleich: Welche Roswell Pickups lohnen sich wirklich?
HAF Humbucker – Vintage-Charakter mit vielseitigem Einsatzbereich
Die Roswell HAF Humbucker sind mit Alnico V Magneten und einem Widerstand von etwa 8,5 kΩ ausgestattet. Sie bewegen sich damit eher im Vintage-Output-Bereich – perfekt für klassische Rock-, Blues- oder Jazz-Sounds. Der Bridge-Pickup verfügt über das gängige 52,8 mm String Spacing, wodurch er ideal für Gitarren im Fender-Stil ist.

Ich habe diese Pickups in meine St. Blues Mississippi Blues Master eingebaut – eine Mahagonigitarre aus koreanischer Fertigung mit verschraubtem Hals und zwei Humbuckern. Klanglich also irgendwo zwischen Fender und Gibson angesiedelt. Die Werks-Pickups waren recht kräftig und für meine clean-orientierte Spielweise zu „dicht“. Die HAFs hingegen klingen zahmer, luftiger und deutlich offener.
Besonders im Clean-Bereich zeigen sie ihre Stärken: sanfte Höhen, ein straffer Bass – da matscht nichts. Der gesplittete Sound im Single-Coil-Modus ist überraschend authentisch. Kein halbgarer Kompromiss, sondern tatsächlich ein echter Single-Coil-Charakter – erinnert an eine fette Telecaster, ich liebe diesen Sound!
- Ideal für: Clean, Jazz, Blues, Classic Rock
- Weniger geeignet für: High-Gain-Metal
LTN-NCR Tron-Style Pickups – Gretsch-Vibes im Humbuckerformat
Einige Monate später habe ich dieselbe Gitarre erneut modifiziert – diesmal mit den Roswell LTN-NCR Tron-Style Pickups im Humbucker-Format. Nicht, weil mir die HAFs nicht gefallen hätten, sondern weil eine Les Paul bei mir eingezogen war – und ich die Bluesmaster klanglich neu ausrichten wollte.

Die Tron-Pickups besitzen Alnico III Magnete, sind ebenfalls splitbar und haben einen ähnlichen Output (~8,4 kΩ). Mein Ziel war, den Ton in Richtung Gretsch-Charakter zu schieben – also beides: Chet Atkins und AC/DC.
Und das hat funktioniert: Der Neck-Pickup liefert butterweiche Jazz-Töne mit dezenten Höhen, während der Bridge-Pickup twangige, aber niemals scharfe Sounds ausspuckt. Der Bassbereich ist schlank, was mir besonders gefällt – so bleibt der Sound stets transparent und definiert.
Verzerrt geht’s in den Bereich Schweinerock mit Charakter. High-Gain hingegen ist nicht die Stärke dieser Pickups – da wird’s schnell schwammig.
- Ideal für: Rockabilly, Classic Rock, Jazz, Country
- Weniger geeignet für: Modern Metal, starkes Gain
LGS10 Single Coils im Humbuckerformat – Die unterschätzten Helden
Die Roswell LGS10 Pickups sind optisch an P90s angelehnt, klanglich aber eine Mischform zwischen P90 und Single Coil. Sie haben sich für mich als heimliche Stars dieses Tests herausgestellt. In einer meiner St. Blues Gitarren, die an die Telecaster angelehnt ist, habe ich den LGS10 am Hals verbaut – bereits als dritter Pickup-Versuch. Ein Seymour Duncan Phat Cat war viel zu dumpf und der Duesenberg Domino klang in der Mittelstellung unausgewogen. Erst der Roswell LGS10 brachte den gewünschten Klang: dünner als ein P90, aber definierter, mit schlankem Bass und trotzdem genug Fülle für jazzige Chords.

Im Zusammenspiel mit einem Lollar Special T an der Bridge überzeugt er durch eine stimmige Gesamtwirkung – weit besser als die vorherigen P90-Kandidaten und endlich mit einer Mittelstellung die richtig gut funktioniert.
Auch in meiner HSS-Bluesmaster werkelt ein LGS10 an der Bridge – dort ersetzt er einen outputstarken No-Name-Humbucker. Überraschung: Der LGS10 klingt fetter als ein klassischer Strat-Single-Coil, was mir persönlich viel besser gefällt. Er klingt mehr nach Tele als nach Strat, bringt also Druck und Twang, verträgt aber auch reichlich Gain – perfekt für moderne Blues- oder Alternative-Sounds.
- Ideal für: Rhythmusspiel, Rock, Indie, Alternative
- Weniger geeignet für: Strat-Puristen mit klassischen Vorlieben
Fazit: Roswell Pickups – Mehr Tonabnehmer braucht kein Mensch?!
Roswell baut exzellente Gitarrentonabnehmer mit einem unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnis. Wer seine günstige E-Gitarre upgraden will oder einfach neue Klangwelten entdecken möchte, findet hier die perfekte Lösung. In meinen Koreanern (jeweils um 1000 € Neupreis) hat sich der Pickup-Tausch mehr als gelohnt.
Keine Alien-Technologie – aber vielleicht doch näher dran, als man denkt.