Test: Color Audio Cassette Preamp – Porta-Sound im Pedal?

Der Color Audio Cassette Preamp auf einem Tascam Porta Two – ein Pedal, das genau den Vorstufen-Charakter jener klassischen Portastudios authentisch nachzeichnet.

Der Color Audio Cassette Preamp Test zeigt schnell, wohin die Reise geht: Das Pedal richtet sich nicht an Lo-Fi-Produzenten oder Studio-Tüftler, sondern ganz gezielt an Gitarristinnen und Gitarristen, die den warmen, leicht körnigen Klang klassischer Kassettenvorstufen in ihr Setup integrieren wollen. Sobald das Pedal eingeschaltet ist, erinnert der Sound an jene Momentaufnahmen, in denen eine Gitarre über ein altes Portastudio heiß aufgenommen wurde – warm, mittig, leicht komprimiert und mit genau diesem subtilen Druck, der viele ikonische Indie-, Shoegaze- und Bedroom-Produktionen geprägt hat.

Erster Eindruck: Kompakt, schwarz und mit klarer Tascam-Ästhetik

Schon beim ersten Auspacken lässt sich erkennen, welche Geräte hier Pate standen. Das matte schwarze Gehäuse, die roten Akzente und der schnörkellose Schriftzug sind eine klare Reminiszenz an klassische Tascam-Recorder, wie man sie aus den Achtzigern und Neunzigern kennt. Die Bedienoberfläche bleibt bewusst schlank. Für Gitarristen bedeutet das: kein unnötiger Ballast, direkt begreifbare Regler und ein Pedal, das man ohne Handbuch sofort ins Board einschleifen kann. Die Verarbeitung wirkt robust und bühnentauglich – genauso, wie man es von einem liebevoll gefertigten Boutique-Gerät erwartet.

Klangcharakter: Subtile Sättigung, authentische Kompression, musikalische Körnung

Im Zentrum steht der Sound – und der wirkt auf einer Gitarre sofort vertraut. Der Cassette Preamp liefert keine brachiale Verzerrung, sondern diese weiche, organische Vorstufensättigung, die entsteht, wenn eine Gitarrenspur in den Headroom eines Portastudios läuft. Die Transienten werden leicht abgerundet, das Signal bekommt eine angenehme Mittendichte und schiebt in einem Mix mit genau dem richtigen Maß an Wärme.

Mit höherem Gain wird der Ton körniger und rauer, ohne seinen Charakter zu verlieren. Für mich persönlich trifft das Pedal genau die Balance zwischen subtiler Färbung und musikalischer Verzerrung. Wer möchte, kann das Signal bewusst „fahren lassen“, bis ein knisternder Vintage-Charakter entsteht. Der Effekt wirkt aber nie künstlich oder aufgesetzt – eher wie ein vertrauter analoger Freund, der weiß, wann genug genug ist.

Besonders Gitarristen, die mit echten Tascam-Geräten gearbeitet haben – in meinem Fall dem Porta 05 Ministudio – werden sofort die Parallelen hören. Der Cassette Preamp trifft dieselbe Mischung aus Sättigung, weicher Kompression und dem leicht kratzigen Attack in den oberen Mitten, die entsteht, wenn man die Aufnahme etwas zu heiß fährt. Für Liebhaber dieses Sounds fühlt sich das fast nostalgisch an.

Blick ins Innere des Cassette Preamp: hochwertige Bauteile, sauberer Aufbau und eine kompakte Platinenarchitektur, die den Boutique-Charakter des Pedals unterstreicht.
Blick ins Innere des Cassette Preamp: hochwertige Bauteile, sauberer Aufbau und eine kompakte Platinenarchitektur, die den Boutique-Charakter des Pedals unterstreicht.

Filtersektion: Ein flexibler Klangformer für jeden Amp

Eine große Stärke des Pedals ist die Filtersektion. Der variable Tiefpass kann den Sound abdunkeln und so den gedämpften Höhenbereich alter Kassetten abbilden. Je weiter man den Regler schließt, desto mehr wandelt sich der klare Gitarrenklang in eine warme, fast schon vibrierende Lo-Fi-Struktur.

Das dreistufige Hochpassfilter spielt besonders gut mit Gitarren-Amps zusammen. Es kann Mumpfigkeit entfernen, den Bassbereich straffen und die Gitarre besser durch den Mix tragen. Dadurch wirkt das Pedal weniger wie ein typischer Overdrive und mehr wie ein kleines Channelstrip-Modul für Gitarrensignale. Genau diese Kombination eröffnet eine enorme Klangvielfalt – vom subtilen Preamp bis hin zu aggressiveren Tape-Style-Overdrive-Texturen.

 Praxis: Clean-Boost, Preamp, Color-Drive – alles möglich

Auf dem Pedalboard zeigt sich, wie vielseitig der Cassette Preamp wirklich ist. Vor einem Röhrenamp funktioniert er als warme Preampsättigung, die Cleansounds dichter macht und dem Anschlag etwas mehr Kompression mitgibt. Crunch-Sounds lassen sich wunderbar andicken und erhalten eine raue, leicht verschliffene Struktur, die besonders in Indie-, Garage- und Alternative-Kontexten hervorragend funktioniert.

Zwischen Overdrive und Fuzz findet das Pedal eine eigene Nische: Es zerrt nicht wie ein klassischer Drive, sondern „färbt“ das Signal – mal subtil, mal deutlich. Auch vor Modulations- oder Delay-Pedalen macht es eine gute Figur, da die Sättigung die Effekte musikalisch zusammenklebt.

Natürlich kann man das Pedal auch im Studio einsetzen, aber sein natürlicher Lebensraum ist das Gitarrenboard. Dort zeigt es die Stärke, die viele moderne Overdrives nicht bieten: Charakter.

Preis: Boutique-Qualität

Mit einem Preis von 249 Euro liegt der Cassette Preamp exakt in der Boutique-Liga seiner direkten Konkurrenten, allen voran dem JHS 424. Für Gitarristen ist der Gegenwert klar definiert: ein eigenständiger Tape-Preamp-Klang, hochwertige Verarbeitung und eine tonformende Flexibilität, die man in dieser Form bei Tape-Style-Pedalen selten findet.

Der Cassette Preamp im Einsatz: Das Pedal liefert warme, leicht körnige Tape-Sättigung und fügt sich mühelos in jedes Gitarren-Setup ein.
Der Cassette Preamp im Einsatz: Das Pedal liefert warme, leicht körnige Tape-Sättigung und fügt sich mühelos in jedes Gitarren-Setup ein.

Fazit: Ein Pedal für Gitarristen, die den Portastudio-Vibe lieben

Der Color Audio Cassette Preamp bringt den Lo-Fi-Charme alter Kassettenvorstufen direkt aufs Pedalboard – warm, musikalisch und erstaunlich authentisch. Der Sound wirkt nie übertrieben, sondern trifft genau den Sweet Spot aus analoger Sättigung und subtiler Kompression, der Gitarren so schön im Mix trägt. Die Bedienung ist intuitiv, das Design charmant retro und der Klangcharakter vielseitiger als man zunächst vermuten würde.

Für Gitarristen, die Tape nicht als Effekt, sondern als eigenständigen Ton verstehen, ist dieses Pedal ein echtes Geschenk. Mit 249 Euro bewegt es sich zwar im Boutique-Bereich, liefert dafür aber einen Sound, der gleichzeitig nostalgisch, inspirierend und absolut bühnentauglich ist.

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