Wampler ReWired – Brauchte Brent Mason jemals einen dritten Take?
Die Liaison zwischen Brian Wampler und Nashhville-Sessionlegende Brent Mason reicht zurück ins Jahr 2004, als Herr Wampler regelmäßig die nächtliche, neonbeleuchtete Music City durchstreifte, um seinen Gitarrenhero bei der Arbeit zu bestaunen. Inspiriert vom twangigen Sound Masons begab sich Wampler in seine Werkstatt und nach etlichen Prototypen und Verbesserungsvorschlägen entstand schließlich das Hot Wired Pedal, benannt nach Brent Masons virtuosem Song (wer da jetzt nicht sofort reinhört, verpasst wirklich etwas!).
Fast 20 Jahre später geht das Pedal nun in die dritte Runde. Nashville und seine Musikszene haben sich seither stark verändert und moderne Produktionen erwarten mehr als twangige Tele-Sounds. Mit dem Wampler ReWired Pedal wollen der Tüftler und der Virtuose also nun dem Sonnenuntergang entgegen in Richtung Zukunft reiten. Also Cowboyhüte auf, Stiefel an und auf geht’s, Yee-haw!!
Aufbau:
In einem soliden Metallgehäuse mit zwei butterweichen Fußtastern finden sich ein Overdrive und ein Distortion. Die Effektreihenfolge kann über einen Kippschalter geändert werden, zudem verfügen beide Effekte über je eigene Ein- und Ausgänge, sodass man z. B. einen weiteren Drive dazwischen setzen kann – clever! Das Pedal freut sich über 9 bis 18 Volt Spannung und bietet damit viele klangliche Optionen, was den Headroom angeht. Beim Netzteil sollte es allerdings ein Hochwertiges sein, da es sonst zu Störgeräuschen kommt. Mit meinem Pedalboard-Netzteil brummt nichts. Ein sehr günstiger Vertreter stromwandelnder Zunft sorgte jedoch für tieffrequentes Missfallen, um es mal vorsichtig auszudrücken.
Beiden Zerrern ist die typische Reglerausstattung mit Gain, Tone und Level gemein. Zusätzlich verfügen sie über einen Fat-Regler, der tiefe Frequenzanteile hinzuregeln kann. Der Overdrive trumpft darüber hinaus mit einem Blend-Poti auf. Hier kann stufenlos das Cleansignal mit dem Overdrive gemischt werden.
Das Design des ReWired ist schlicht gehalten und wirkt durch die platinenähnlichen Aufdrucke als wäre es einem Science Fiction Film entsprungen- das passt zum Thema Zukunft, coole Anspielung wie ich finde. Die blau und rot schimmernden LEDs sind angenehm hell und beleuchten nicht die ganze Bühne mit.
Sound:
Als Testamps schicke ich einen Morgan DL50 (im Stile eines Marshall Super Bass Plexi), samt 1×12 Box mit Creamback Speaker und einen Fender Pro Junior IV ins Rennen. Die Testdisziplinen sind wenig überraschend Boost, Rhythmus-Sound und Solo. Die Röhren glühen wie das Olympische Feuer, für meine Nachbarn gilt: „Dabei sein ist alles“, mögen die Spiele beginnen!

Ich starte mit einem cleanen Amp-Sound am DL50 und schalte den Overdrive ein. Gain kurz über Null, Volume weit auf. Der Amp geht leicht in die Sättigung und mittels Tone- und Fat-Regler habe ich die Möglichkeit, den Sound anzupassen. Der Fat-Regler bringt an einem von sich aus sehr fett klingenden Amp wie diesem keinen wirklichen Nutzen, also konzentriere ich mich auf den Tone. Ich starte in der Mittelstellung und mir fällt auf, dass der Sound im Vergleich zum Clean-Sound deutlich näher wirkt, irgendwie präsenter und mehr „in your face“. Mit aufgedrehtem Tone nimmt der Zerrgrad zu und der Amp bekommt wunderbare Höhen, die ich so von meinem Verstärker gar nicht kenne. Als Always On-Pedal wäre das so schon absolut überzeugend, in der Gegenrichtung wird der Sound sehr warm und wirkt weiter weg. Wenn man mal noch eine Gitarre zum Füllen für den Hintergrund braucht, würde dieses Setting sehr gut funktionieren.
Am Pro Junior probiere ich den Fat-Regler aus: Da wird der Kleine ganz groß und ich habe absolut nicht das Gefühl gerade über einen Zehnzöller zu spielen. Auch hier möchte ich das Pedal nicht mehr ausschalten sondern den ReWired einfach so als Klangformer nutzen. Auch zum Anblasen des Amps macht der Wampler eine gute Figur. Durch die leichte Zerre und mit Fatregler auf 7 klingt es als hätte ich hier ein deutlich größeres Stack stehen. Das macht richtig Spaß und vor Allem Lust auf mehr – mehr Zerre!
Overdrive – Jede Menge Country Crunch
Ich drehe also den Drive-Regler des Overdrives auf 75% und den Level-Regler zurück. Die Gain-Reserven sind viel, viel größer als ich gedacht habe – da brennt der Mason! Der Sound ist dabei immer noch sehr definiert und die Saitentrennung deutlich. Ich frage mich kurz, wozu man im Country so viel Gain brauchen könnte, da komme ich auch schon auf die Antwort. Um die typischen Brent Mason Sounds zu erzeugen, benutze ich eine Tele und drehe den Volume-Regler kaum auf, maximal 30% des Regelwegs. In diesem Setting braucht es natürlich jede Menge Gain, um der Gitarre überhaupt Drive zu entlocken. Und genau da strahlt das ReWired Pedal. Auch mit fast vollständig zugedrehtem Volume-Poti kann das Teil noch zerren – auch wenn man hier mit leichten Störgeräuschen zu tun hat.

Nun aber wieder hoch mit dem Volumen. Der Blend-Regler will schließlich auch noch exploriert werden. Da isser, dieser moderne Nashville-Sound, der irgendwie verzerrt ist wie Blöde, jedoch trotzdem definiert. Das Geheimnis: richtig viel Zerre und den Clean-Sound mindestens zur Hälfte reinfahren. Ich spiele kurz den Song Beer never broke my heart von Luke Combs an und weiß nun endlich, wie man an diesen Sound kommt. Hammer! Auch bei deutlich weniger Gain macht das Pedal eine gute Figur. Von geboostet bluesig über crunchy Country bis hin zum vollen Brett geht da absolut alles, und das in erschreckend hoher Klangqualität.
Dichte Distortion-Sounds
Ich bin schon jetzt absolut überzeugt, obwohl 50% des Pedals noch gar nicht an waren. Also wieder den DL50 angestöpselt – es wird soliert. Ich trete auf Distortion, die rote LED beginnt zu leuchten und ab geht’s. Der Distortion-Sound steht, und steht und steht. Sustain ist sicher nicht die Königsdiziplin einer Tele, aber das kleine Zaubermittel von Wampler verlängert die Standhaftigkeit des Tons doch merklich. Der Sound wird dichter, weniger offen, aber dafür deutlich präsenter. Auch hier klingt das ganze wieder mehr „in your face“.
Der Fat-Regler gibt dem ganzen eine tolle Wärme. Ich greife zur Les Paul und verliere mich in wunderbar bluesigen Licks mit feinstem Woman Tone. Wo ich schon die Paula in der Hand habe, nutze ich doch direkt mal die Möglichkeit zu schauen, ob das Teil auch Metal kann. Klares Jein! Klassische Metal-Sounds sind auf jeden Fall möglich. Moderner Metal ist jedoch nicht die Stärke des Wampler ReWired.
Fazit:
Braucht Brent Mason einen dritten Take? Ja! Und wir sollten ihm wahnsinnig dankbar für diese Neuauflage seines Signature-Pedals sein. Denn was hier geboten wird ist einer der flexibelsten Zerrer auf dem Markt. So lange es nicht um moderne Metal-Spielarten geht, fällt mir kein Genre ein, wo dieses Pedal fehl am Platze wäre. Seine Stärken liegen ganz klar im Low und Mid-Gain Bereich, aber auch wenn mal viel Gain gefordert ist, macht das Wampler ReWired eine gute Figur. Mein persönliches Highlight ist der Blend-Regler. Hiermit lässt sich auch bei hohen Gain-Settings mühelos ein ultra-direkter und definierter Sound erzeugen.
Der Nashville-Sound ist im Wandel und seit über 20 Jahren arbeitet Brian Wampler daran mit. Danke, Brian! Testen wärmstens empfohlen – ihr werdet es nicht bereuen!