Klingt Mahagoni wirklich wärmer als Ahorn? Ist Zeder der bessere Kandidat für Fingerstyle auf Konzertgitarren? Inwiefern beeinflussen die Tonhölzer die Gitarre in ihrem Klang? Und wieviel hört man außerhalb des Wohnzimmer-Sweetspots überhaupt? Hier kommt ein entspannter, aber fundierter Überblick über die klassischen Hölzer mit Praxisblick für Akustik- und E-Gitarre.
Wieso klingen Hölzer unterschiedlich?
Die Erklärung für Klangunterschiede ist simple Physik. Jede Holzart hat eine unterschiedliche Dichte, Steifigkeit und innere Dämpfung, die den daraus resultierenden Klangcharakter beeinflussen. Dazu kommen auch noch die Bauweise der Gitarre, Hardware, Saiten, Setup und nicht zuletzt die Art des Anschlags.
Kurz gesagt: Bei der Akustikgitarre ist die Decke das Herzstück der Klangproduktion, während Boden und Zargen nachfärben. Bei der E-Gitarre dominieren hingegen Pickups, Elektronik und die Brücke. Das Holz trägt einen eher homöopathischen Anteil in Form von Schwingungsverhalten, Attack und Sustain.
Mit diesem Filter im Kopf schauen wir uns die Klassiker an und sehen, wie sich die Tonhölzer einer Gitarre auf ihren Klang auswirken.
Deckenhölzer für Akustikgitarre
Extrem beliebt für Decken von Akustikgitarren ist die Fichte. Sie gilt als hervorragender Allrounder, denn aufgrund ihres guten Verhältnisses aus Gewicht und Steifigkeit klingt sie klar und setzt sich lautstärketechnisch hervorragend durch. Ihre exakten Klangeigenschaften variieren jedoch von Art zu Art. So ist die Sitka-Fichte bekannt für ihre Vielseitigkeit und kräftiges Attack. Die Engelmann-Fichte klingt wiederum etwas weicher, ist schneller in der Ansprache und deshalb eine gute Wahl für Fingerstyle. Unterdessen bietet Adirondack-Fichte durch ihre steife Beschaffenheit enorme Dynamikreserven und Punch.
Zederndecken finden sich bevorzugt im Bereich der Konzertgitarren. Durch ihre geringe Steifigkeit ist Zeder früh ansprechbar, warm und samtig. Dies macht sie ideal für leichte Anschläge und Nuancen, weniger für kräftiges Strumming. Aus diesem Grund eignet sie sich ausgezeichnet für klassische Spieltechniken und Fingerpicking auf einer Konzertgitarre.
An diesen Charaktereigenschaften sieht man, dass sogar zwei Fichtendecken stark voneinander abweichen können und es die „typische“ Fichte eben nicht gibt. Denn Holz ist Natur und Streuung gehört dazu.
Beliebte Klassiker für Boden und Zargen von Akustikgitarren
Boden und Zargen prägen das Resonanzverhalten des Korpus mit.
Palisander (Rosewood) ist in vielen High-End-Modellen auf dem Markt verbaut und bekannt für seinen tiefen Bass, klare Höhen und reiche Obertöne. Daher wird er auch oft als „Hi-Fi“ beschrieben. Mahagoni ist hingegen besonders bei Singer-Songwritern populär. Das Tropenholz verfügt über eine ehrliche Direktheit und präsente Mitten, was gerade der Gesangsbegleitung schmeichelt. Unterdessen setzt sich Ahorn gerade in Bands hervorragend durch. Mit sehr klarer Projektion und straffem Low-End wird er häufig in Jumbo- und Archtop-Westerngitarren verbaut. So findet man Boden und Zargen aus Ahorn sehr häufig in Jumbo-Modellen der Firma Gibson. Auch Koa ist immer gerne gesehen. Das Holz der ausschließlich auf Hawaii wachsenden Koa-Akazie weist eine wunderschön charakteristische Maserung auf und glänzt dazu noch mit einem Klangcharakter, der zwischen Mahagoni und Ahorn anzusiedeln ist.
Unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit greifen viele Hersteller auch zu alternativen Hölzern. Zwar handelt es sich dabei nicht um die beliebten Klassiker, klanglich hat man allerdings nichts verloren. Dazu zählt beispielsweise Sapele, ein Mahagonigewächs, mit dem Taylor Guitars in seiner S-Serie ausgesprochen erfolgreich ist. Es ist entsprechend immer von Vorteil, Transparenz beim Händler oder Hersteller zu erfragen. Da Tropenhölzer teilweise Schutz- und Handelsregeln unterliegen, setzen seriöse Hersteller auf ressourcenschonende Materialbeschaffung sowie zertifizierte Quellen.

Auch Walnuss ist eine populäre Alternative. Dieses Tonholz klingt mit seinen präsenten Mitten und ausgeprägten Obertönen wie eine gelungene Mischung aus Mahagoni und Palisander.
Hals & Griffbrett

Auch für Gitarrenhälse setzen sich Mahagoni und ferner auch Ahorn durch. Mahagoni überzeugt dabei speziell mit seiner Haptik, denn durch ein geringes Gewicht, aber hohe Stabilität liegt es gut in der Hand. Außerdem unterstützt es das Sustain und liefert seine klassisch runden Mitten. Im Gegensatz dazu ist Ahorn als Griffbrett- und Halsmaterial für seine tonale Klarheit und knackiges Attack bekannt. Aufgrund ihrer hohen Steifigkeit halten Ahornhälse einiges aus und sind daher als einteilige Variante fest im Sortiment des Traditionsherstellers Fender verankert.
Bei den Griffbrettern haben Ebenholz und Palisander die Nase ganz vorne. Palisander vermittelt ein samtiges Spielgefühl und wirkt leicht dämpfend. Ebenholz ist wiederum sehr dicht und entsprechend glatt, was gerade schnelle Griffwechsel einfacher gestaltet. Zusätzlich bietet es eine schnelle Ansprache und präzise Töne. Außerdem spielt auch die Optik eine entscheidende Rolle. Das tiefschwarze Kernholz von Ebenholzgewächsen wirkt ausgesprochen Edel und ist daher auf vielen hochpreisigen Gitarren zu finden. Nicht vergessen sollte man jedoch, dass Ebenholzbestände schwinden. Hersteller wie Taylor verwenden daher auch das Splintholz, das ursprünglich einfach auf dem Müll landete.
Griffbretter verändern demnach mehr die Haptik und Ansprache. Der Unterschied ist spürbar, aber selten dramatisch.
E-Gitarre: Korpus & Top
Ob Tonhölzer eine elektrische Gitarre im Hinblick auf ihren Klang beeinflussen, darüber scheiden sich die Geister. Die Tonabnehmer und Elektronik haben auf jeden Fall den größten Einfluss. Das Holz wirkt sich eher auf Schwingungsverhalten, Sustain und Resonanz aus. Ein Mahagonikorpus klingt in der Regel voller und wärmer, während Esche oder Erle eher knackig und transparent daherkommen. Linde schließlich ist neutral in ihrer Klangproduktion. Deshalb ist sie auch eine zweckmäßige Wahl für moderne High-Output-Pickups.
In geringem Maße haben auch Hals- und Griffbrett einen leichten Einfluss auf auf Attack und Ton. So erzeugt Ahorn hellere Töne, während Palisander rund und warm klingt.
Daraus lässt sich schließen, dass man Holz bei E-Gitarren insgesamt weniger heraushört. Equalizer, Pickups, Saiten und Amps verschieben den Klang deutlich stärker.
Welche Faktoren beeinflussen sonst noch den Klang?
Rund um Tonhölzer kursieren viele Mythen. „Mahagoni ist immer warm, Ahorn ist immer hell“ lautet beispielsweise die Meinung vieler Gitarrenenthusiasten. Dabei handelt es sich aber um Tendenzen, nicht um Naturgesetze. Neben der Holzauswahl formen auch Bauform, Deckenverstrebung und nicht zuletzt Saiten das Ergebnis. Zwar prägt die Decke bei Akustikgitarren stark, doch wirkt die Konstruktion ebenso mit. Bei E-Gitarren ist es schlichtweg die Elektronik, die sich einfach stärker durchsetzt und im wahrsten Sinne des Wortes den Ton angibt.
Auch die Umgebung, in der die Gitarre aufbewahrt wird, spielt eine Rolle. Als optimal gilt eine Luftfeuchtigkeit von 45 bis 55 %. Ist die Luft zu trocken, entstehen Risse und die Bünde ziehen sich hoch. Aus hoher Luftfeuchtigkeit entsteht wiederum ein schwammiger Klang.
Besteht der Korpus aus Laminat, also Schichtholz, klingt die Gitarre gedämpfter, was den eigentlichen Klangcharakter einmal mehr verändert.
Welche Kombi passt am besten zu mir?
Klassische Gitarristen, die bevorzugt feine Fingerstyle-Techniken auf der Konzertgitarre spielen, sind mit einem Instrument mit Zederndecke und Mahagonikorpus bestens beraten. Feine Nuancen, warme Mitten und eine schnelle Ansprache machen diese Tonholzauswahl einfach perfekt für intime Settings. Wer sich breit aufstellen möchte, findet in der Kombination Fichte – Palisander oder Fichte – Ahorn seine Gitarre. Mit Boden und Zargen aus Palisander klingt das Ganze breit und schimmernd, mit Ahorn klar und durchsetzungsstark. Singer-Songwriter, die ihre Zuhörer minimalistisch mit Gitarre und Gesang abholen möchten, greifen häufig auf eine Westerngitarre mit Fichtendecke und Mahagonikorpus zurück. Das Zusammenspiel der beiden Holzarten klingt authentisch und ergänzt den Gesang wunderbar.

Auf der E-Gitarre liefern Erle oder Esche zusammen mit einem Ahornhals den klassischen Single-Coil-Snap: luftig, direkt, mit knackigem Attack. Wer dagegen nach sattem Rock-Sustain sucht, entscheidet sich für die Mahagoni-Basis mit geschnitztem Ahorn-Top; als Griffbrett runden Palisander oder Ebenholz das Paket mit Substanz, Definition und feinem Glide ab. Kurz: Die Kombi macht die Musik und mit diesen Paarungen landet man treffsicher im gewünschten Klangkosmos.
Kurz und knackig
Tonhölzer liefern der Gitarre in ihrem Klang Tendenzen und keine festgesetzten Klangkategorien. Dabei ist das einzelne Instrument entscheidend. Aus diesem Grund solltest du dir Zeit nehmen und die Gitarren, die dir auf dem Etikett zusagen, erst anspielen. Schnell wirst du merken, welche die richtige für dich ist.