Metal Guitar Guide – Teil 2: Spieltechnik an der E-Gitarre

Metal Guitar Guide – Teil 2: Pratische Technik-Tipps

Ein guter Ton kommt nicht allein aus der Gitarre, aus dem Verstärker oder den Pedalen. Wir starten hier mit einer weiteren „Boomer Weisheit“, aber es stimmt: Guter Ton kommt aus den Fingern!

Der Heavy-Spieler kämpft in dieser Hinsicht auch gegen Windmühlen, denn er muss zwei Grundsätze beachten, die sich eigentlich widersprechen. Zum einen muss bei der Menge an Verzerrung, die im Metal üblich ist, akribisch darauf geachtet werden, dass man beim Spielen keine ungewollten Nebengeräusche verursacht. Saitenrutschen, offene Saiten, die unerwünscht mitschwingen, Rückkopplung, zu viel oder zu wenig Pick Attack und so weiter. Zudem muss man auch das High-Gain-Equipment in Schach halten und das durch die hohe Zerre verursachte Rauschen und das Pfeifen der Rückkopplung verhindern.

Lässt man auch nur einen dieser Punkte außer Acht, klingt man schnell unsauber, undefiniert und schlicht unprofessionell. Auf der anderen Seite darf man aber auch nicht außer Acht lassen, dass wir agressive Musik machen! Man muss also ordentlich reinzimmern um diese rotzige Attitüde authentisch rüber zu bringen! Ein Metal-Gitarrist, der sich beim Spielen zurückhält, ist genauso effektiv wie ein Boxer, der seinen Gegner streichelt. Das Wort „Thrash“ bedeutet „dreschen“ und der Name ist Programm!

1. Palm Mutig

Palm Muting ist so wichtig im Metal wie Hack in der Bolognese. Es gibt KEINEN EINZIGEN Metalsong, in dem keine Palm Mutes stattfinden. Wie der Name im Englischen vermuten lässt, geht’s hierbei darum die Saiten mit dem Handballen der Pickhand abzudämpfen. Dadurch entsteht diese drückend, schneidende Herrlichkeit, der Unheilige Gral des Rock und Metal, der „CHUG“. Was ist der „CHUG“? Sag’s drei mal hintereinander und du weißt was gemeint ist.

Die Umsetzung ist total simpel: Lege deine Schlaghand mit dem Handballen leicht auf den Saiten bei der Brücke ab und spiele sie dann an. Probiere es mal leichter und mal fester, denn man hört einen meilenweiten Unterschied zwischen einem harten und einem weichen Anschlag. Probiere viel mit der Anschlagkraft herum und erst wenn es richtig schmatzt und dreckig klingt, bist du am Ziel angekommen.

Ein zusätzlicher Tipp hierzu: Experimentiere auch mit der Position deiner Pick-Hand. Bewegst du sie Richtung Brücke wird der Ton immer offener, geht’s wiederum Richtung Hals, wird es immer knackiger bis der Ton fast tot ist. Besonders bei Übergängen verschiedener Songparts kann man hiermit für eine schöne Dramaturgie sorgen. Und irgendwo dazwischen, in der goldenen Mitte liegt der „CHUG“, dieser fiese, schneidende Palm-Muting-Sound, den wir alle lieben. Er ist da, man muss ihn nur finden.

2. Neigung des Plektrums

In welchem Winkel wir das Pick zu den Saiten halten, ist motorisch zwar eine Kleinigkeit, die aber klanglich sehr viel ausmacht. Das Schlimmste daran ist, dass es fast am schwierigsten ist sich solche Kleinigkeiten abzugewöhnen, wenn man sie einmal falsch verinnerlicht hat. Also solltest du von vorn herein darauf achten, dass du dein Plek nicht in einem zu steilen Winkel zur Saite hältst. Eine gewisse Neigung darf das Pick durchaus haben. Das verringert den Widerstand und erleichtert schnelles Alternate Picking (Wechselschlag: hoch/runter). Ist der Winkel allerdings zu groß, geht die Anschlagdynamik und das Pick Attack verloren. Bei extremer Neigung kann es sogar so klingen als würde man mit dem Pick über die Saiten rutschen und im schlimmsten Fall geht die Note im Geschrammel unter.

Tipp: Bei langsamen Riffs, die richtig heavy daher kommen sollen, kann man das Pick parallel zur Saite halten und auch kräftig zulangen. Bei schnellen, thrashigen Riffs darf man die Neigung steigern. Man muss nur darauf achten, dass die Note weiterhin voll ausklingt und nicht im Pick Gerutsche untergeht.

3. Richtig Abdämpfen

Kein Deja Vu, jetzt geh’t nicht um Palm Muting. Damit dein Riff auch wirklich nach einem Riff klingt und nicht nach undefinierbarem Krach, dürfen nur die gespielten Saiten schwingen. Die ungespielten Saiten muss man abdämpfen. Eine cleane Gitarre verzeiht hier noch den ein oder anderen Fehler, aber sobald Verzerrung und Kompression ins Spiel kommen, ist Präzision gefragt. Um die nicht gespielten Saiten still zu halten, bedienen sich die meisten Gitarristen verschiedener Techniken sowohl an der Greifhand als auch der Schlaghand.

Für das Abdämpfen mit der Greifhand nutzt man meist den Zeigefinder und es geschieht eher passiv und nach gewisser Zeit weitesgehend unterbewusst. Zum Beispiel bei Power Chords auf der Tiefen E-Saite kann man den Zeigefinger auf den restlichen Saiten ruhen lassen (nicht wie bei Barré-Griffen durchdrücken!) und damit die anderen Saiten vom Schwingen abhalten. Bei ähnlichen Griffen auf der A-Saite kann man zusätzlich mit der Kuppe des Zeigefingers die darüber liegende E-Saite abdämpfen.

Am Anfang muss man sich noch daran gewöhnen und es bedarf etwas Übung, aber wenn man dran bleibt, kann man schnell mit allen Fingern in verschiedenen Situationen die nicht aktiv gespielten Saiten leicht unter Kontrolle bringen.Bei Riffs und Licks, die deine Greifhand sehr fordern, kann man sich mit der Schlaghand verhelfen. Auch wenn viele Saiten ge-„muted“ werden sollen, kann der Handballen, wie bei Palm Muting nur radikaler, genutzt werden. Ist Präzision gefragt, nutzt man auch die Finger der Schlaghand. Ich dämpfe die Basssaiten sehr oft mit dem Daumen und die Diskantsaiten mit dem Ring- und/oder Mittelfinger ab.

ACHTUNG: Beim Abdämpfen mit der Greifhand läuft man schnell Gefahr ungewollt Naturtöne (Harmonics) zu erzeugen. Das klingt meistens noch fieser, als eine mitschwingende offene Saite, also muss das unbedingt vermieden werden.

4. Schnelles Downpicking

Das Tempo ist der Herzschlag des Songs. Bei BPM Zahlen um die 180-220 ist daher der einzig logische Schluss, dass die Metal-Community sehr viel Kaffee trinkt. Um in dieser Geschwindigkeit einen konstanten, perkusiven Abschlag (Downstroke) a la James Hetfield runter brettern zu können, muss man lange und intensiv üben. Es geht hierbei nicht nur um Geschwindigkeit, sondern vor allem um die Gleichmäßigkeit und Durchhaltevermögen. Mit zwei Taken hektischer Abschläge, die drunter und drüber sind, beeindruckst du niemanden. Um diese Technik in verschiedenen Tempi problemfrei abzurufen, musst du vor allem lange und gleichmäßig spielen können, ohne zu verkrampfen. Und erst wenn das sitzt, kann das Tempo kontrolliert gesteigert werden. Dazu nehmen wir ein Metronom zur Hilfe.

Man kann sich ein klassisches Pendelmetronom, das optisch die schickste Variante ist, gönnen. Damit fühlt man sich gleich wie ein echter Musiker 😉 Aber auch ein digitales Metronom oder eine App wird den Job gut erledigen. Es spielt im Grunde keine Rolle was für ein Metronom benutzt wird, Hauptsache man übt mit Metronom. Du startest bei einem Tempo, bei dem es dir leicht fällt mindestens eine Minute konstant und gleichmäßig Achtel Abschläge zu spielen und steigerst es in 5 BPM Schritten und übst in diesem Tempo wieder so lange bis du es über längere Zeit tight spielen kannst. Hier gibt es keine Shortcuts! Man muss über Wochen konsequent dran bleiben. Damit es nicht allzu öde wird, kann man sich natürlich auch Songs und Riffs aussuchen, die als Übung herhalten. Hier bietet sich „Jump in the Fire“ von Metallica unfassbar gut an! Das Riff geht über mehrere Saiten und ist auch eine gute Übung für die Greifhand. Und es ist auch ein genialer Song!

Tipp: Versuche die Bewegung deiner Schlaghand möglichst klein zu halten. Wenn die „Strecke“, die deine Hand zurücklegen muss, kürzer ist, dann geht’s schneller!

5. Schnelles Alternate Picking

Wenn wir in die Verlegenheit kommen in solchen Tempi 16tel Noten zu spielen, greift auch ein James Hetfield zum Wechselschlag. Wenn die Downstrokes schon sitzen, dürfte Alternate Picking keine allzu große Herausforderung mehr darstellen. Auch bei dieser Technik gelten die gleichen Grundsätze:

  • Tightness & Sauberkeit steht an erster Stelle
  • Immer mit Metronom üben
  • Tempo schrittweise aufbauen
  • kontrolliert spielen, nicht krampfhaft

Hier bietet es sich an, wie oben beschrieben, das Pick leicht anzuwinkeln um den Widerstand zu verringern. ABER VORSICHT: Der Sound darf nicht drunter leiden! Ähnlich wie beim Abschlag üben wir mit Metronom und halten die Bewegungen möglichst klein. Übe Riffs und Figuren die mehrere Saiten einbeziehen, damit das nicht zu einem Hindernis wird, das dich plötzlich 10-20 BPM zurückwirft. Du solltest den Wechselschlag auch mit Triolen üben, da liegt die zweite Betonung nämlich auf dem Aufschlag. Das ist jetzt nichts, was einen komplett aus der Bahn wirft, aber es sollte geübt werden, damit dein Spielen den Groove & Feel des Songs untermalt. Wer’s beim Thema Alternate Picking wirklich wissen will, versucht sich an „Voice oft he Voiceless“ von Heaven Shall Burn. 5 Minuten fast ununterbrochene 16tel – für diese Jungs ist ein Gig von 1,5 Std ein richtiger Knochenjob!

Das gibt’s im nächsten Teil:

In Teil 3 wird’s nerdig! Wir steigen ganz tief in die Kanninchenhöhle und gucken auf Equalizer Einstellungen, Noise Gates und Overdrives. Also die Marshmallows in unserem Metal-Kakao.

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