Scheint doch zunächst eine gute Idee zu sein, oder? Bevor man Geld für ein neues Instrument ausgibt, kann man es doch mal auf die (vermeintlich) einfachere Weise versuchen. Sechs Saiten sind schließlich sechs Saiten. Doch Gitarre ist nicht gleich Gitarre und zwischen einer Konzertgitarre mit Nylonsaiten und einer Westerngitarre mit Stahlsaiten liegen Welten. Möchtest du Stahlsaiten auf Konzertgitarren ziehen, weil du den Klang von Westerngitarren so schön findest, oder Nylonsaiten auf eine Westerngitarre, weil dir die Finger wehtun, ist das leider keine Option. Beide Gitarren-Arten sehen zwar auf den ersten Blick gleich aus, sind aber in ihrer Konstruktion auf die jeweiligen Saitentypen abgestimmt.
Hier erfährst du die Gründe, warum du Nylonsaiten nicht nach Belieben durch Stahlsaiten und umgekehrt ersetzen solltest. Denn den Unterschied bemerkt nicht nur dein Ohr, sondern auch das Instrument.
Warum Stahlsaiten auf Konzertgitarren keine gute Idee sind
Konzertgitarren sind auf Nylonsaiten ausgelegt. Ihr Hals verfügt nicht über einen Halsspannstab (eine Metallstange im Inneren des Halses, der diesen stärkt), ihre Decke ist leichter und auch die Deckenverstrebung, die die Decke stabilisiert, ist weniger robust als die einer Westerngitarre. An der hohen Zugkraft, die Stahlsaiten beim Anschlagen erzeugen, würde die zarte Konzertgitarre im wahrsten Sinne des Wortes zerbrechen. Wirken solche Kräfte auf das Instrument ein, kann sich der Hals verziehen oder reißen, die Decke wölben und der Steg fliegt dir im schlimmsten Fall um die Ohren. Dazu passen Stahlsaiten auch nicht in die Stegkonstruktion von Konzertgitarren. Sie sind meist mit sogenannten Ball Ends ausgestattet, die zu groß für die Steglöcher sind. Du stehst also schon beim bloßen Bespannen vor einem Hindernis.

Abgesehen von den baulichen Risiken erhältst du durch Stahlsaiten auf einer Konzertgitarre auch nicht den Klang, den du dir wünschst. Ihr Resonanzkörper kann die Frequenzen von Stahlsaiten einfach nicht richtig wiedergeben, woraus sich ein schriller und unausgewogener Ton ergibt. Der helle Klang, der Countrymusik oder die Stimmen von Singer-Songwritern melodisch begleitet, bleibt leider aus.

Und warum Nylonsaiten auf einer Westerngitarre auch keinen Sinn ergeben
Westerngitarren sind das Gegenteil: Sie sind stabil gebaut, mit einem Spannstab im Hals sowie einer gewölbten Decke und einem Steg, die der Zugkraft von Stahlsaiten standhalten. Ziehst du hier nun Nylonsaiten auf, biegt sich der Hals nach hinten, weil die Spannung von Stahlsaiten fehlt. Darüber hinaus sitzen die Saiten zu locker, was sie zum schnarren bringt und einen zu dumpfen Ton erzeugt. Du tust also auch deiner Westerngitarre keinen Gefallen.
Die bessere Lösung
Wie du siehst, lässt sich das Problem nicht einfach mit einem Saitenwechsel lösen. Dennoch gibt es einige clevere Alternativen, die dir eine Option bieten.
So kannst du beispielsweise spezielle Saitentypen verwenden. Für Konzertgitarren eignen sich in diesem Fall die D’Addario EJ46 Pro Arte Saiten, die besonders straff sind und ein entsprechend höheres Klangvolumen erzeugen. Für Westerngitarren hingegen gibt es spezielle Silk & Steel Saiten, die zwar einen Stahlkern besitzen, zusätzlich aber mit einer Schicht aus Seide überzogen sind. Daraus folgen ein weicheres Spielgefühl sowie ein wärmerer Klang, der dem Sound von Nylonsaiten näherkommt.

Möchtest du jedoch einen jeweils wirklich authentischen Western- oder Konzert-Sound, kommst du um die Anschaffung eines Zweitinstrumentes leider nicht herum. Für etwas Inspiration oder Orientierung schau dir gerne auch die Beiträge zu den Top 10 Konzertgitarren für Einsteiger und Top 10 Westerngitarren für Einsteiger an. Dort werden dir einige solide Instrumente zum günstigen Preis empfohlen.
Falls du von der Westerngitarre auf Konzertgitarre umsteigen, das Spielgefühl jedoch einfach nicht missen möchtest, gibt es eine Reihe von Modellen mit einem schmalen Hals. Dazu zählt beispielsweise die Fender CN-60S, die mit ihrer Sattelbreite von lediglich 43 Millimetern ein western-ähnliches Spielgefühl liefert.
Fazit
Abschließend lässt sich sagen, dass Konzertgitarren und Westerngitarren trotz ihrer Gemeinsamkeiten zwei eigenständige Instrumententypen mit unterschiedlichen Anforderungen sind. Während Konzertgitarren extra für weiche Klänge und klassische Spieltechniken auf Nylonsaiten gebaut wurden, benötigen Westerngitarren die volle Zugkraft ihrer Stahlsaiten, um ihren charakteristischen Ton zu entfalten. Wer denkt, er könne diese Unterschiede durch einen Saitentausch überbrücken, riskiert nicht nur einen unschönen Klang, sondern ebenfalls ernsthafte Schäden am Instrument. Statt also Stahlsaiten auf eine Konzertgitarre und Nylonsaiten auf eine Westerngitarre zu ziehen, ist es ratsam, die Stärken des jeweiligen Instruments zu nutzen.