Endlich ist es da! Das Cornerstone Nucleo Stereo Reverb hat wirklich gute Chancen, das so ziemlich heißeste Reverb-Pedal dieses Jahres zu werden. Nach der ersten Vorstellung auf dem diesjährigen Guitar Summit kam das Signature-Pedal des YouTubers Paul Davids glatt auf meine Wunschliste. Das Pedal entstammt der Feder des italienischen Pedaltüftlers und Cornerstone-Gründers Emilio Massari, der bereits mit ausgeklügelten Boutique-Zerrern wie dem Gladio oder dem Nero sein Können eindrucksvoll unter Beweis stellen konnte. Die Messlatte liegt also recht hoch für das erste Reverb-Pedal der italienischen Effektschmiede!
Cornerstone Nucleo Stereo Reverb – Testbericht
Die Initialzündung zur Inspiration für das Nucleo reicht mittlerweile über zwei Jahre zurück, als Paul Davids damals ins beschauliche Tullnerfeld bei Zwentendorf an der Donau in Niederösterreich reiste. Hier entstand in den Siebzigerjahren das Kernkraftwerk Zwentendorf, das allerdings nie ans Netz ging und allenfalls als Filmkulisse oder zwischenzeitlich als Austragungsort des Nuke Festivals Einsatz fand. Mit zwei Maybach-Gitarren, seinen Tone King und Morgan Amps und zahlreichen Mikrofonen bewaffnet, verwandelte Paul die Investitionsruine kurzerhand in eine gigantische Reverb-Kammer mit natürlichem und scheinbar nie enden wollendem Nachhall. Das ganze Video könnt ihr euch hier nochmal ansehen:
Tadellose Verarbeitung
Wer keine 1,4 Milliarden Euro auf der Bank und den nötigen Platz im Garten für sein eigenes AKW hat, kann stattdessen nun für 429 Euro die wohl beste Nachbildung dieses einzigartigen Hallerlebnisses sein eigen nennen. In Ermangelung von Platz und Milliardenvermögen entscheide ich mich also für das Pedalformat und werfe einen Blick in die elegant gestaltete Box von Cornerstone. Erster Pluspunkt: Beim Öffnen des Kartons fällt einem eine nette Grußkarte von Paul, ein Sticker und ein Plektrum mit Cornerstone-Logo sowie ein Quick Start Guide in die Hände.
Der optische Eindruck des Cornerstone Nucleo erweckt Erinnerungen an alte Steuerkonsolen aus dem Kontrollraum eines Kernkraftwerks und verleiht dem Pedalboard klassische Cold-War-Vibes der Siebzigerjahre. Das Bedien-Panel ist jedenfalls sorgfältig angeordnet und sehr übersichtlich gestaltet, die Fader-Positionen auch auf Distanz gut ablesbar. Die Verarbeitung wirkt insgesamt sehr wertig: hier läuft alles rund und es wackelt nichts!
Der geradlinige Aufbau der Steuerelemente hat allerdings auch seinen Preis: Beim Einstellen des Pedals muss ich häufig mit dem Kippschalter zwischen den beiden Funktionsebenen Live und F2 wechseln, weshalb ich gelegentlich aus Versehen den falschen Parameter erwische. Zusätzlich gibt es keinen Indikator über die gerade aktive Funktionsebene, die Kippschalterposition und die Beschriftung der Sekundärfunktionen ist auf Distanz und in dunkleren Umgebungen nicht gut erkennbar. Mit ein wenig Eingewöhnung lässt sich das Problem jedoch recht schnell in den Griff kriegen.
Vielfältige Sounds von Slapback bis Endlos-Hall
Der grundlegende Aufbau des Nucleo ist so gedacht, dass der Spieler jeweils ein Reverb Environment mit einem Reverb Character kombiniert. Mit den drei zur Verfügung stehenden Umgebungen haben wir hier die Wahl zwischen einem kleinen Zimmer (Room), einer größeren Halle (Hall) und dem gigantischen Reaktor, der natürlich dem Sound von Pauls AKW-Experiment nachempfunden ist. Mit Kippschalter in Mittelposition erhalten wir dann Zugriff auf die Sekundärfunktionen und können über denselben Drehschalter den Charakter auswählen – Lo-Fi, Vintage oder Norm.

Mit dem Character Switch auf Norm stellt sich ein klassischer Reverb-Sound ein, der sich sehr gut mit den Environments Room und Hall macht. Man könnte den Sound auch als bewährtes Brot- und Butter-Reverb bezeichnen, das sich besonders flexibel im Band-Kontext einsetzen lässt. Lo-Fi beschneidet hingegen etwas die Höhen der Hallfahne und fügt eine ganz leichte Verzerrung hinzu. Mein Favorit ist aber tatsächlich der Vintage-Mode, der deutliche Ähnlichkeit zu jenem Reverb aufweist, wie er in zahlreichen Fender-Verstärkern zum Einsatz kommt – sehr straff und sehr klar. Beim Test mit einer Fender Stratocaster über einen Twin Reverb im Vergleich macht sich die charakterliche Ähnlichkeit jedenfalls bemerkbar.
Das absolute Highlight des Nucleo ist für mich ganz klar das ‚Reactor‘-Environment: was hier an Hall-Reserven bereit steht, ist wirklich enorm! Mit Blend und Decay auf 12 Uhr stellen sich bereits sehr lang stehende Hallfahnen ein, die sich perfekt für sphärische Klangteppiche, organisch klingende Ambient-Sounds und abgefahrene Klangexperimente eignen. Auf höheren Decay-Settings lässt sich Effekt fast schon bis zur Selbstoszillation treiben. Ideal für langanhaltende Volume Swells à la Ritchie Blackmore oder Jeff Beck!
Kühlung für den Reaktorkern – der Freeze-Effekt
Wem das immer noch nicht ausreicht, der kann letztendlich auf eine weitere recht spaßige Funktion zurückgreifen – den Freeze-Effekt. Mithilfe des rechten Fußtasters lässt sich jederzeit der aktuell gespielte Sound festhalten. Das Beste daran: Während der gespielte Ton gehalten wird, kann man den regulären Reverb-Effekt des Pedals weiterhin nutzen. So lässt sich beispielsweise ein Akkord einfrieren und mit einer Lead-Stimme umspielen, bis der nächste Akkord eingefroren wird. Das Nucleo hat auch einige einstellbare Sonderparameter für den Freeze-Effekt an Bord. Per Freeze Pitch steht ein Tonumfang von jeweils einer Oktave über und unter dem Ausgangssignal bereit, per Freeze Volume lässt sich die Freeze-Lautstärke unabhängig vom regulären Reverb-Betrieb steuern.
Modulation & Pitch Shift
Besonders spaßig wird es für Ambience-Enthusiasten, wenn die drei Fader zum Einsatz kommen. Die integrierte Modulation verleiht dem Reverb-Sound einen organischen Charakter, über den als Air beschriebenen Fader in der Mitte steht ein zusätzlicher Pitch Shifter bereit. Im Zusammenspiel der beiden Fader und ihrer Zweitfunktionen bietet das Nucleo also vielfältige Möglichkeiten zusätzlicher Klangformung. Die Fader fühlen sich übrigens sehr gut an und weisen gerade den richtigen Widerstand auf, um sowohl schnelle als auch präzise Bewegungen komfortabel umzusetzen.
Mono, Stereo & MIDI –Anschlüsse für jeden Einsatzbereich
Ein besonders praktisches Feature, das den Einsatzbereich des Cornerstone Nucleo über die E-Gitarre hinaus erweitert sind seine in Stereo ausgeführten Ein- und Ausgänge. Wer das Nucleo beispielsweise mit Synthesizern oder anderen Stereo-Instrumenten nutzen möchte, kann mithilfe eines TRS-Steckers ein Stereo-Signal einspeisen. Hierfür sind drei Schalter im Inneren des Pedals untergebracht, die man erreicht, wenn man die Bodenplatte abschraubt.

Der Input Switch schaltet die Input-Buchse in den Mono- oder Stereobetrieb, der Output Switch wechselt zwischen True Stereo oder Wet/Dry. Das ist vor allem dann nützlich, wenn man das trockene und das Effektsignal getrennt nutzen oder zu einem späteren Zeitpunkt re-ampen möchte. Darüber hinaus lässt sich mit dem dritten Switch die Polarität des rechten Ausgangs-Trafos umschalten, um eventuell auftretenden Phasenauslöschungen entgegenzutreten.
Zusätzlich gibt es noch eine MIDI-Schnittstelle, die sich wahlweise über die 3,5-mm-TRS-Buchsen oder den USB-C-Anschluss nutzen lässt. Diese zeigt sich als besonders praktisches Feature, denn das Nucleo ist definitiv ein Pedal, das durch die Echtzeitsteuerung einzelner Parameter erst so richtig zum Leben erweckt wird. Wer beim Spielen keine Hand frei hat, kann das Nucleo also auch extern per Controller ansteuern.
Fazit:
Das Cornerstone Nucleo ist schon ein wirklich geniales Reverb-Pedal, das vor allem Klangtüftlern und Musikern auf der Suche nach riesigen Hall-Räumen eine Menge Freude bereiten wird. Durch den Preis von über 400 Euro ist das Nucleo definitiv der Boutique-Liga zuzuordnen. Was man hier für das Geld bekommt, ist jedoch alles andere als ein bloßes One-Trick-Pony. Von klassischen Reverb-Klängen über breit aufgestellte Ambient-Klanglandschaften bis hin zu abgefahrenen Freeze-Effekten ist das Cornerstone Nucleo garantiert für jeden Spaß zu haben!
Pro
- Vielseitige Reverb-Sounds
- Gute Verarbeitung
- Ansprechendes Retro-Design
- In Mono und Stereo verwendbar
Contra
- Beschriftung der Sekundärfunktionen schwer ablesbar