Pedal des Monats: Universal Audio Lion ’68 Super Lead Amp

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Not the greatest Amp in the world – this is just a tribute

Die Geschichte des Marshall Plexi ist ein scheinbar endlose Kanninchenhöhle, denn unzählige Nähkästchen-Geschichten, Anekdoten und Legenden ranken sich um dieses schwarz-goldene Monstrum. Wenn man die Rockstars aufzählen würde, die dieser Amp begleitet hat, würde die Liste mehr Promis enthalten als der Cast eines Tarantino Films.
Dieser Verstärker hat einen ganz besonderen Platz in unseren Herzen und im Amp-Himmel verdient! Als Universal Audio Familienzuwachs für Ihre Preamp Pedal Serie ankündigten, war es also ihre Pflicht, quasi ein ungeschriebenes Gesetz, eine Plexi Hommage anzubieten. Aber ist es ihnen gelungen? Wie viel Plexi steckt im Universal Audio Lion ’68 Super Lead Amp Pedal wirklich?

Optik & Bedienung

Frontansicht des Universal Audio Lion '68 Super Lead Amp
Macht auch optisch was her: der Universal Audio Lion ’68 Super Lead Amp

Das stabile Metallgehäuse kommt in einem der dunkelsten Violett-Töne, die mir je untergekommen sind. Dieses „beinahe Schwarz“ schmeichelt den goldenen Akzenten und Potiknöpfen, und erinnert optisch ohne Zweifel sehr bewusst an das Vorbild. Mit der oberen Reihe Potis steuern wir: Volume I & II, sowie Output (Master Vol.). Die untere Reihe ist doppelt mit Funktionen belegt: Standardmäßig steuern wir Bass, Mitten, Höhen, können aber über die ALT-Funktion zusätzlich auf Room, Presence und den Boost zugreifen.

Der linke Kippschalter lässt uns die Lautsprechersimulation, der Rechte das Amp-Model auswählen. Mit dem Schalter in der Mitte des Pedals können wir ein Preset speichern und in die Alternativ-Steuerung wechseln um auf die oben erwähnte Doppelbelegung der Potis zuzugreifen. Die Belegung der Fußtaster kann in der App umgestellt werden, dazu später mehr. Auf der Oberseite finden wir die In- und Output-Buchsen, die 9-V-DC-Buchse, eine USB-C-Schnittstelle und einen kleinen Knopf, der das Bluetooth-Pairing aktiviert.

Das Pedal sieht nicht nur schick aus, sondern fühlt sich auch haptisch überaus wertig an. Allein schon das Gewicht lässt auf robuste Verarbeitung schließen. Die Potis haben einen angenehmen Widerstand, so dass präzise Feineinstellungen ohne weiteres möglich sind. Auch die Mini-Switches, welche bei vielen anderen Pedalen eine fragile Schwachstelle sind, wirken hier sehr vertrauenswürdig.

Sound

Universal Audio ist für Studio Hard- und Software der gehobenen Klasse bekannt und enttäuscht im Bezug auf Klangqualität grundsätzlich nie. Das bestätigt der Löwenpreamp auf ganzer Linie. Wir bekommen einen definierten, dynamischen Super Lead-Sound, der sich vor einem gut mikrofonierten Plexi nicht verstecken braucht. Wie schon bei den Vorgänger-Pedalen liefert UAD ein überzeugendes, originalgetreues Digitalmodell, welches uns den legendären Charakter des Vorbild-Verstärkers bietet.

Universal Audio Lion ’68 Super Lead Amp – die drei Amp-Modelle im Detail

1) BASS – Super Bass, groß, dunkel, pedalfreundlich

Das „Super Bass“-Voicing läuft im Modell bei 117 V, ohne Bright Cap – dadurch bleibt’s geschmeidig, nie glasig. Ideal für cleane bis crunchige Rhythm-Sounds, und eine schöne, dunkle Sättigung, wenn du beide Volumes kitzelst. Dieses Model eignet sich erstaunlich gut als Pedal-Platform, weil es super viel Headroom bietet. Dafür müssen beide Volume Potis auf circa 9 Uhr gesetzt werden und der Output-Regler sorgt dann für die nötige Lautstärke. Gain-Staging mit 3-4 Overdrives? Ein Oktav-Fuzz Erdbeben? – Alles kein Problem und fühlt sich erstaunlich Amp’esque an!

(Geheimtipp ;-): Dieses Model funktioniert UNFASSBAR gut mit einem Bass!)

2) LEAD – Super Lead, der klassische Rock-Biss

Das Super-Lead-Voicing läuft bei 110 V. UA geht hier einen schönen Mittelweg bei der Helligkeit: Der legendäre Bright-Cap ist in der App schaltbar. Konkreter: UA modelliert einen JTM45-Style Bright-Cap. Ergebnis: Attitüde und Biss ohne Eispickel und deutlich mehr Sättigung als beim Bass-Modell. Für späte 60er/70er-Brett-Rhythmen: beide Volumes beherzt aufdrehen, Volume I liefert Attack und Schneid, Volume II die Schubkraft untenrum.

3) BROWN – variac’d Super Lead, heiß geroddet

Für diejenigen, die sich unter dem Gitarristenslang-Massaker dieser Überschrift nichts vorstellen können, ein kleiner Geschichtsexkurs:
Bevor Eddie Van Halen mit Peavey den meiner Meinung nach besten Amp auf diesem Planeten, den Heiligen High-Gain-Gral, den 5150 Amp konzipiert hat, spielte er auch einen Marshall Plexi, folglich den zweitbesten Amp auf diesem Planeten. Um einen Plexi in das Gain-Gefilde zu bewegen, in welchem Eddie gespielt hat, musste dieser aber so unerträglich laut aufgedreht werden, dass es Lärmbewscherden hagelte. Aus der Nachbarstadt… Noch bevor es also Loadboxen, Attenuatoren etc. gab, musste Eddie die Lautstärke drosseln und löste das anarchistisch-experimentell mit einem Lichtdimmer zwischen Amp und Lautsprecherbox.

!!! BLOß NICHT ZU HAUSE NACHMACHEN, KINDER !!!

In puncto elektronische Sicherheit ist das nämlich eine solche Vollkatastrophe, dass man sich wundert, wie er es geschafft hat, keine fünf Amps die Woche durchzuschmoren. Das Klangergebnis? Eine verdammte Legende! Der Brown Sound war geboren. Satt, kräftig, unaufhaltsam.

Zurück zum dritten Modell des Universal Audio Lion 68 Super Lead Amp:

Hier wird der Super Lead mit Variac auf 90 V gefahren, „heiß“ vorgespannt – mehr gesättigte Kompression und eine dunklere Gain-Struktur. Auch hier bekommen wir eine originalgetreue Digitalnachbildung wahrer Rockgeschichte. Wenn das LEAD-Modell ein Brett ist, dann ist das BROWN-Modell ein Baumstamm! Donnernde Powerchords und gefühlt stundenlanges Sustain sind hier Programm. Wer die Volume Regler weit aufreißt, wird etwas Klarheit und Dynamik einbüßen. Aber nicht etwa, weil das UAD-Team hier etwas falsch gemacht hätte. Nein, ganz im Gegenteil: Es passiert, weil UAD alles richtig gemacht hat und das Pedal sich wie der Amp verhält. Mit weit aufgedrehtem Volume II können wir hier die Endstufenzerre simulieren und das Pedal sogar an den Rand des Fuzz-Bereichs übersteuern. Der Bright Cap ist standardmäßig aus, kann aber pro Preset aktiviert werden. Das ist die Bühne für singende Soli, dichtes Rhythm-Gain und fette, „lose“ High-Gain-Texturen bei höheren Volume-Settings.

Lautsprechersimulationen & Mikrofonierungen

Ab Werk hast du drei sorgfältig gemachte Cab/Mic-Kombis an Bord. Nach Registrierung des Pedals auf der Herstellerwebseite gibt es drei Bonus-Cabs, die mit gleicher Liebe zum Detail gemodelt wurden und eher modern und teilweise heavy angehaucht sind.

Werks-Cabs (rote LED):

  • GB25 – 4×12 Basketweave ’68 mit Celestion Greenback 25, Mikro: R-160 + SM57. Klassischer Biss mit seidigem Ribbon-Mittenbild und 57er-Edge.
  • GB30 – 4×12 mit Greenback 30, Mikro: SM57 + R-121. Straffes Low-End, klare Höhen – der Go-to für Classic-Rock-Crunch.
  • JB|GB (Brown) – 4×12 Basketweave ’68, 2× Greenback + 2× JBL 120F, beide Typen separat mit 57ern abgenommen und vorgemischt. Celestion-Mitten plus JBL-Sizzle – groß und präsent.

Bonus-Cabs (grüne LED, nach Registrierung):

  • EV12 – EVM12L 1×12 (200 W), Mikro: 414. Fokussiert, tightes Low-End, luftige Höhen; exzellent für moderne, definierte Sounds.
  • D65 – Ported 2×12 mit britischen 65-W-Speakern, Mikro: MD421 + R-121. Klar im Bass, beliebt bei Blues/Rock.
  • Vee30 – 4×12 mit britischen V30, Mikro: 414. Straffer Bass, Punch obenrum; für moderneren, leicht scooped Rock/Metal-Ton.

ALT-Settings: Die doppelt belegten Potis

ROOM:

In der ALT-Stellung regelt das Bass Poti den Raumanteil im Klang. Es handelt sich hier allerdings nicht um ein klassisches Reverb. Hinter diesem Poti versteckt sich eine Simulation eines Raummikrofons, das zusätzlich zur Cabinet Mikrofonierung in den Aufnahmeraum gestellt wurde. Deine Gitarre wirkt dadurch nicht einfach nur breiter, sondern wirklich dreidimensional tiefer. Geniales Feature für Clean und Edge of Breakup Sounds. Bei hohen Zerrgraden oder sehr schnellem Riffing ist hier allerdings Vorsicht geboten.

PRESENCE:

Der Mitten Regler steuert in der Doppelbelegung die Presence Einstellung des Amps. Im Grunde kann man hiermit die Höhen und das Gain der digitalen Endstufe rein und raus drehen. Ist der Regler links, klingt der Lion rund und cremig. Der gedrosselte Höhenanteil sorgt für einen wolligen, warmen Ton. Drehen wir den Presence Regler auf, wird die UAD Kiste richtig rotzig und zeigt ein ganz anderes Attack verhalten. Für Rhythmus –Sägen im Hardrock-/Metalbereich ist das Poti bei 15-16 Uhr perfekt gesetzt.

BOOST:

Neben dem Höhenanteil können wir mit dem rechten Poti auch den Boost einstellen. Und hier wird’s spannend, denn UAD gibt uns hier nicht einfach irgendeinen Boost an die Hand. Ist das Poti ganz links, ist der Boost deaktiviert. Minimal im Uhrzeigersinn angehoben erhalten wir ein sehr gelungenes Modell des Echoplex III Preamps, das deinem Sound etwas Farbe und Wärme hinzufügt. Bis 10 Uhr wird nur ein Clean Boost hinzugefügt und dreht man den Regler weiter, wird das Singal durch einen zusätzlichen Grafischen EQ Mittenboost angedickt.

Live & Preset Mode – Fußtasterbelegung

In der Werkseinstellung schaltet der linke Fußtaster zwischen Bypass und dem Live-Mouds und der Rechte zwischen Bypass und dem Preset Modus. Unter Live-Modus versteht man hier, dass das Pedal exakt in den Einstellungen zu hören ist, welche aktuell physisch auf dem gesetzt sind. Im Preset Modus kann man eins der vielen von UAD in der App angebotenen Presets oder ein selbst erstelltes Preset laden. Das macht das Pedal quasi zu eine, zwei kanaligen Preamp. Ob nun Clean & Gain oder Gain & noch mehr Gain kann jeder für sich entscheiden, aber damit macht das Pedal eine weitere Soundtür auf.

App & Zusätzliche Features

UA Connect App
UA Connect App

Neben den bereits erwähnten Features, auf die wir direkt am Pedal zugreifen können, gibt uns UAD noch eine Menge zusätzlicher Einstellmöglichkeiten über die UAFX Control App. Hier ist Feintuning angesagt und diejenigen, die Ihre Amps und Modeler akribisch bis ins kleinste Detail voreinstellen und nichts mehr Zufall überlassen wollen, finden mit der App ihren Seelenfrieden.

Zum Beispiel kann man dort die Fußtaster Belegung anpassen, so dass der rechte Taster zwischen Live & Preset Modus wechselt und der Linke den Boost ein- und ausschaltet. Des weiteren kann der 4-Kabel-Modus aktiviert werden, welcher uns ermöglicht das Pedal als zusätzlichen Kanal eines Analogen Amps zu verwenden. Hierfür wird der UAD Lion in den Effektweg des Verstärkers eingeschliffen. Zusätzlich kann man über UAFX Control auswählen ob man in den High oder Low Inputs des Amps oder sogar die Kanalüberbrückung vornehmen möchte. In der Low Einstellung ist der Sound cleaner und dunkler, im High-Setting wiederum heller und rotziger. Mit der simulierten Überbrückung können wir die Anteile des dunklen und des hellen Kanals stufenlos mischen.

Bright Cap & Ghost Notes

Das reicht noch nicht? Keine Bange! Die UAFX Control App hat noch so einiges zu bieten. Wir können die Bright Cap aktivieren, die auf dem ersten Kanal bei niedriger Gain Einstellung eine Anhebung des Höhenanteils bewirkt. Je mehr Gain man reindreht, desto geringer ist die Wirkung der Bright Cap. Das genialste Feature, ein wahres Ass, das die UAD Kollegen aus dem Ärmel schütten, sind die Ghost Notes. Der originale Trafo und das alte Netzteil des Plexi bringen ein bisschen extra Brummen mit – und dazu die berüchtigten „Ghost Notes“. Das sind schimmernde Obertöne um bestimmte Töne herum, die durch Intermodulationsverzerrung entstehen. In der Praxis können diese Ghost Notes aber richtig Leben in den Sound pusten – besonders weiter oben auf dem Griffbrett, wo die Gitarre plötzlich anfängt zu jaulen und zu schreien. Standardmäßig sind die Geister an Bord, denn so hat der Amp damals eben auch „gespukt“.

Zu guter Letzt finden wir in der App auch noch ein Noise Gate. Und zwar nicht einfach nur hingepfuscht und drauf geschmissen, sondern ein richtig gutes! UAD gibt uns mehr Parameter zum Einstellen des Gates als man auf so manchem Pedal findet. Es reagiert schnell und präzise ohne deinen Tone zu beschneiden.

Fazit

Ich kann meine Begeisterung für dieses Pedal nicht verstecken! Es klingt knackig und definiert, wenn du’s so einstellst, kann aber auch fett und gemein, wenn man die Potis entsprechend umstellt. Jagst du ein High Gain Distortion wie z.B. einen REVV G3 durch, scheppert ein brachialer Metal Tone mit höllischen Chugs aus den Boxen. Mit einem Octav-Fuzz fühlst du dich als hättest du keine Gitarre, sondern eine Abrissbirne in der Hand. Und mit einer Single Coil Strat kann bringt er auch ordentlich Twang an den Tisch. Ein Bilderbuch-Allrounder, genauso wie das analoge Vorbild. Universal Audio hat mit den App Features auch an alles gedacht, was man sich von einem Plexi-Modeler wünscht und auch noch ein paar Easter-Eggs eingebaut, die nicht jeder auf dem Schirm hat. Großes Lob an Universal Audio.

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