Martin Huch Interview: Musiker, Fotograf und Duesenberg-Tüftler

Interview mit dem kreativen Kopf hinter den Gitarren-Designs

Es könnte auch eins von diesen KI-generierten Bildern sein, ist es aber nicht: Steven Tyler, Alice Cooper und Marilyn Manson kommen durch die Tür einer Schulaula – im Schlepptau von Johnny Depp. Das klingt abstrus – ist aber wirklich so passiert. Und das alles auch wegen Martin Huch. Der gebürtige Hannoveraner ist 360-Grad-Künstler, er fotografiert, dreht Musik Videos, spielt diverse Saiteninstrumente und ist zusammen mit Dieter Gölsdorf der kreative Kopf hinter einigen der Designs und Features von Duesenberg-Gitarren. Allen voran die diversen Lapsteels mit ihrem Multibender und dem Easy-Shift Kapodaster.

Wer sich in Deutschland mit Steel- und Slide-Gitarren beschäftigt, kommt an Martin Huch nicht vorbei. Der Hannoveraner ist einer dieser seltenen Musiker, die ihre Leidenschaft in alle Richtungen treiben, und das seit Jahrzehnten. Ob Pedal Steel, Lapsteel, Dobro, Bouzouki, Banjo oder Mandoline, Martin beherrscht sie alle mit einer Gelassenheit, die nur jemand ausstrahlt, der seine Instrumente wirklich versteht. Damit ist er seit über 30 Jahren auf Bühnen und in Studios ein häufig gesehener und gehörter Gast und hat mit so unterschiedlichen Künstlern wie Chris Jones, Carl Carlton’s Songdogs, Heinz Rudolf Kunze, Fury In The Slaughterhouse, Reinhard Mey, Herman van Veen oder Stoppok zusammengearbeitet.

Doch neben seiner Arbeit als Musiker verfolgt Martin Huch noch zwei weitere Leidenschaften inzwischen professionell: Zum einen arbeitet er als Instrumenten-Nerd im besten Sinne seit vielen Jahren mit Duesenberg Guitars zusammen, fotografiert die Instrumente, entwirft Designs und war maßgeblich an der Entwicklung sämtlicher Lapsteel-Modelle beteiligt. Zum anderen geht er seiner Passion als Fotograf auch abseits der Produktfotografie nach und hatte so schon Künstler wie Tom Petty and the Heartbreakers, ZZ Top, Foo Fighters, Eagles, Aerosmith oder John Mayer vor der Linse. Am Rande eines Konzerts von Fury In The Slaughterhouse in Köln, haben wir ihn zu seinem Werdegang und seinen Erfindungen befragt.

Interview

Martin, du hast in den 70er-Jahren angefangen Musik zu machen. Wie und wann kam dann Duesenberg ins Spiel?

Ich kenne den Gründer, Dieter Gölsdorf, tatsächlich schon seit den 70ern und kenne auch seine ganze Geschichte. Irgendwann, nachdem er mit seinen Firmen zweimal pleitegegangen war, hat er durch gute Fügungen die Kurve gekriegt: Zunächst hat er natürlich ein tolles Instrument entwickelt und dann sehr schnell die entscheidenden Künstler auf seiner Seite gehabt. Das fing mit Ron Wood an, und ging dann – ganz wichtig – weiter zu Mike Campbell, der ein echter Multiplikator war. Damals war ich schon als Fotograf mit dabei und Campbell hatte seinen Namen für ein Modell hergegeben, aber gleichzeitig wollte er 20 dieser Gitarren haben. Duesenberg musste erstmal schlucken, haben dann aber eine der besten Entscheidungen der Firmengeschichte getroffen und gesagt: Wir machen das. Von den 20 hat Campbell, glaube ich, nur zwei oder drei behalten. Die anderen hat er an seine Freunde verschenkt. Und seine Freunde waren Leute wie z.B. Bob Dylan, Jeff Lynne und die anderen Petty-Jungs. Eine bessere Werbung konnte man nicht kaufen. Und 20 Gitarren sind für solch eine Multiplikation dann wahrscheinlich auch gar nicht so viele. Mittlerweile sind Duesenbergs überall zu finden, auch in der Paul-McCartney-Band oder bei Johnny Depp.

Du hast auch einige der Signature-Designs für die Künstler betreut, richtig?

Ja. Ich war zehn Jahre lang mit Duesenberg auf der NAMM-Show und habe da Lapsteels vorgeführt. Und da hat man diese unfassbare Künstler-Dichte, und die konnte ich alle kennenlernen, meine ganzen Helden. Wir machten da am Samstag immer eine Party in einer Schulaula. Und da finden die unglaublichsten Dinge statt. Das fing mit diesem Johnny-Depp-Modell an: Wir hatten das Okay, dass das unter seinem Namen auf den Markt kommen kann, was noch keine andere Firma vorher geschafft hatte. Und dann kam einer auf die Wahnsinns-Idee, Johnny zu fragen, ob er auf der Party ein paar Songs mit unserer Hausband spielen will. Und Johnny Depp hat wider Erwarten zugesagt. Nur sagte er: „Ich bin Gitarrist und singe ja gar nicht. Aber ich bringe drei Kumpels mit, die singen können.“ Und dann ist Soundcheck an dem Tag und die Tür geht auf und Johnny Depp kommt rein und hinter ihm seine drei Kumpels: Steven Tyler, Alice Cooper und Marilyn Manson. Auf unserer Party!

Duesenberg DJD Artist Series Johnny Depp Signature
Gitarre für Johnny: Duesenberg DJD Artist Series Johnny Depp Signature (Bild: Music Store)

Wie entstehen die Designs für deine Gitarren?

Ich bin relativ fit mit Photoshop. Und wenn mir eine neue Idee kommt, baue ich die Gitarre erst mal in Photoshop, so lange bis alle sagen: Das machen wir. Dabei geht es zunächst einmal nur um das Aussehen. Aber wenn schon technische Vorgaben oder Ideen vorliegen, bekomme ich die mitgeteilt und füge sie in Photoshop ein, noch bevor die ersten Prototypen gebaut werden. Diese Arbeit mache ich zwar immer noch, sie ist in den letzten Jahren allerdings weniger geworden, weil ich wieder viel unterwegs bin.

Und die Designs der Duesenberg Lapsteels gehen auch auf deine Kappe, richtig?

Ja, das stimmt. Einerseits ist das optische Design von mir, aber auch diese beiden sehr speziellen Features. Den Multibender gab es zwar vorher schon von anderen Herstellern, und die hatte ich mir auch gekauft, obwohl sie aus Amerika sehr schwer und teilweise nur auf dem Gebrauchtmarkt zu bekommen waren. Die haben aber alle nicht richtig funktioniert und waren nicht stimmstabil. Doch nachdem ich sie mir auf meine Lapsteels montiert hatte, sind mir Punkte aufgefallen, die man ändern müsste, damit sie dann doch funktionieren. Daraufhin habe ich mir aus Baumarkt-Teilen ein solches Ding zusammengeschraubt, so wie ich meinte, dass es sein muss. Und das hat auf Anhieb funktioniert und war stimmstabil. Zusammen mit Dieter Gölsdorf bin ich dann ins Detail gegangen, damit das Ding auch lecker aussieht.

Martin Huch auf der Bühne mit Lap Steel
Martin ist nicht nur Instrumenten-Nerd und Fotograf, sondern auch Pedal-Steel-Virtuose. (Bild: Olaf Gebert)

Das Zweite war die Idee mit dem eingebauten Kapo. Die hatte ich schon jahrelang mit mir herumgetragen, und umgesetzt hatte die noch nie jemand. Das hatte ich den beiden Chefs Dieter Gölsdorf und Ingo Renner mal vorgeschlagen und die meinten dann, wir könnten es mal ausprobieren, auch wenn sie gleichzeitig der Meinung waren, dass von dem Ding keine zehn Stück verkauft würden. Aber sie wollten es trotzdem machen, weil sie es geil fanden. Und dann passierte etwas, mit dem niemand gerechnet hatte: Das Ding verkauft sich wie blöde.


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Duesenberg Multibender

Und dann wurde 2008 das erste Modell mit diesen Funktionen auf den Markt gebracht…

Genau. Pomona 6 hieß das. Und es dauerte nicht lange, da tauchte es auf einer neuen DVD von Adele in der Royal Albert Hall auf. Und dann kam ein Live-Video von John Mayer heraus, wo sie auch zu sehen ist. Überall tauchte dieses Instrument plötzlich auf, und das schlug sich in den Verkaufszahlen nieder. Das ist also mein kleiner Hit. Der Hit, den ich musikalisch nie hatte.

Apropos Musik: Ich reduziere dich gerade so auf die Entwicklung von Gitarren, dabei spielst du ja selbst alle möglichen Seiteninstrumente.

Ja, ich komme von der Gitarre, habe aber sehr frühzeitig erkannt, dass es da immer Leute geben wird, die sechs Stufen höher am Ruder sind als ich. Also dachte ich mir, ich muss versuchen, mich auf irgendetwas zu spezialisieren, das selten ist. Und das waren Pedal Steel und Lapsteel. In den letzten Jahren kam dann die ganze Mandolinen-Familie dazu, als Mandola, Bouzouki und so weiter.

Martin Huch mit
Martin mit Irish Bouzouki in Aktion. (Bild: Olaf Gebert)

Bist du denn auf deinen Spezialinstrumenten inzwischen so gut, wie du meintest, als Gitarrist nicht werden zu können?

Ach, das müssen Andere beurteilen, aber glaube ich schon. Mir spielt da natürlich in die Karten, dass es relativ seltene Instrumente sind. In Deutschland kenne ich mich ganz gut aus in der Steel-Gitarrenszene, und nach meiner Kenntnis gibt es nicht mehr als zehn Leute, die man wirklich ernst nehmen kann. Ganz viele probieren es, aber ich kenne nur wenige, die es durchziehen und richtig gut sind. Deswegen habe ich da eine ganz gute Position, denke ich.

Aber wie hast du zum Beispiel Pedal Steel oder auch Lapsteel gelernt? Da gab es, als du angefangen hast, ja wahrscheinlich niemanden, der dir das beibringen konnte und natürlich auch kein Internet.

Das stimmt. Am Anfang habe ich mir viel von den Leuten aus Amerika abgeschaut und mir Sachen rausgehört. Das ist mir nur teilweise gelungen, sodass ich das mit meinen eigenen Ideen kombinieren musste. Dadurch hat sich mein Stil entwickelt. Am Anfang hörte ich Bands wie Eagles, wo ja auch, zumindest auf den älteren Platten, relativ häufig Pedal Steels zu hören sind. Damals war ich noch kein großer Country Fan, zumindest diesen Schunkel-Country fand und finde ich furchtbar. Stattdessen habe ich dann beispielsweise Bands wie Steely Dan gehört, bei denen auf den frühen Platten öfter mal Pedal Steel vorkommt. Und das in höchster Qualität von Jeff „Skunk“ Baxter gespielt. Ein großartiger Musiker. Das hat mich richtig gekickt. In Sachen Lapsteel hat mir David Lindley die Initialzündung verpasst.


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Duesenberg Guitars

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