So klingst du wie Nirvana: Deep-Dive in den legendärsten Sound der 90er-Jahre!
Nirvana ist eine der größten Bands aller Zeiten. Ob man sie liebt oder nicht: Der Sound und die Performance von Kurt Cobain, Krist Novoselic und Dave Grohl haben ein ganzes Genre geprägt. Die meisten Gitarristinnen und Gitarristen stolpern früher oder später über die Grunge-Ikonen und sind vermutlich schnell mit Klassikern wie Smells Like Teen Spirit oder Come As You Are vertraut. Nirvanas Sound hat bis heute einen enormen Einfluss auf viele Bands. Obwohl die vergleichsweise kurze Laufbahn der Band von 1986 bis 1994 gerade mal drei Studioalben (und einige B-Sides) hervorbrachte, lässt sich ihr Sound dank zahlreicher Dokumentationen ziemlich einfach nachbauen.
Man braucht nicht gleich ein High-End-Rack, sondern sehr gezielte Einstellungen und das richtige Zusammenspiel von Gitarre, Amp und Effektpedalen. Kurt Cobain hatte keine aufwendigen Rigs mit komplexen Routings, sondern hat gerne auf unkomplizierte Setups mit charakterstarken Effektpedalen gesetzt, die mit modifizierten Offset-Gitarren à la Jaguar oder Mustang den Grunge-Sound geliefert haben, den wir kennen und lieben.
In diesem Artikel schauen wir uns Cobains typische Effekte, seine Gitarren und Verstärker an und liefern dir gleichzeitig moderne Alternativen, mit denen du seinen Sound heute easy nachbauen kannst.
Effektpedale
Von DS-1 bis PolyChorus: So kochte Kurt Cobain den Grunge

Kurt Cobains Effekt-Setup war vergleichsweise überschaubar, aber mit einigen Klassikern bestückt, die es heute noch regulär zu erwerben gibt. Viele seiner markanten Sounds entstanden aus wenigen, dafür umso charakterstärkeren Effektpedalen. Im Bereich Distortion und Overdrive setzte Kurt Cobain auf den Boss DS-1, der sowohl in der Bleach– als auch in der Nevermind-Ära sein bevorzugtes Verzerrungspedal war.
Typischerweise hatte er die Lautstärke voll aufgedreht, den Tone-Regler zwischen elf und ein Uhr positioniert und die Distortion meist bis zum Anschlag aufgedreht. Später wechselte er häufig zum Boss DS-2 Turbo Distortion, den er meist in Mode 1 verwendete, was klanglich quasi an den DS-1 herankommt. Während der In Utero-Phase kam zudem der Tech 21 SansAmp Classic zum Einsatz, vor allem dann, wenn Cobain eine etwas weniger harsche und eigenständigere Verzerrung bevorzugte.
Als moderne Alternativen zu diesen Klassikern bieten sich heute Pedale wie der Wampler Dracarys Distortion mit seinem dynamischen High-Gain-Sound, der J. Rockett The Dude mit Vintage-Charakter und flexiblen EQ-Einstellungen sowie der Suhr Riot Reloaded an, der etwas mehr Gain und Flexibilität bietet, dabei aber stets seinen Vintage-Charme bewahrt.
Modulationseffekte
Im Bereich Modulation und Chorus vertraute Kurt Cobain vor allem auf den Electro Harmonix Small Clone, der zu einem seiner unverkennbaren Sound-Bausteine wurde. Das Pedal ist denkbar einfach zu bedienen, liefert aber einen deutlich hörbaren, breiten Chorus-Effekt, der besonders prägnant in Songs wie Come As You Are zu hören ist. Cobain stellte die Rate dabei häufig auf die Mittelstellung (ca. 12 Uhr) und verwendete den Depth-Switch in der Regel in der „Up“-Position.
Neben dem Small Clone kamen je nach Song auch der Electro Harmonix EchoFlanger und der PolyChorus zum Einsatz, etwa bei Heart-Shaped Box (im Solo), Radio Friendly Unit Shifter (Noise-Pad-Textur im Intro) oder in den Strophen von Lithium. im Zusammenspiel mit dem Chorus-Effekt nutzte Kurt Cobain für vereinzelte Fuzz-Einsätze gelegentlich einen Big Muff Pi, wie Produzent Butch Vig aus der Nevermind-Ära später bestätigten.

Als moderne Alternativen bieten sich heute unter anderem der Walrus Audio Julia an, ein vielseitiger Chorus mit warmem Vintage-Charakter, oder Klassiker wie das kompakte EHX Neo Clone oder 70s-Legende Electro-Harmonix Electric Mistress liefern eine moderne Neuinterpretation des klassischen Chorus-/Flanger-Sounds, der Cobains typische Klangästhetik perfekt aufgreift.
Anordnung der Effekte
Cobains Signalweg war bewusst schlicht gehalten. Seine Pedalreihenfolge folgte in der Regel einem einfachen, aber effektiven Prinzip: Verzerrung → Modulation → gelegentlich Fuzz oder andere Effekte. Das gesamte Setup war nie übermäßig komplex verkabelt oder mit unzähligen Pedalen überladen. Stattdessen setzte Cobain gezielt auf wenige Effektgeräte, die seinen rauen und direkten Gitarrenton prägten.
E-Gitarren
Offset-Klassiker wie Mustang und Jaguar
Kurt Cobains Gitarrenwahl folgte keinem Luxusgedanken, sondern einem klaren Ziel: Charakter vor Perfektion. Kurt setzte in Sachen E-Gitarren zu Anfang auf (damals) günstige Pawn-Shop-Modelle wie Jaguar oder Mustang, die jedoch mit der Zeit modifiziert wurden.
Besonders die Fender Mustang war ein Modell, das Kurt bevorzugte. Vor allem die Modelle der „Competition“-Serie mit den typischen Racing-Streifen waren häufig auf der Bühne zu sehen. Cobain modifizierte sie häufig, etwa durch den Einbau von Seymour Duncan JB-Humbuckern oder Tune-O-Matic-Brücken, um mehr Sustain und Durchsetzungsvermögen zu erreichen.

Ebenso oft griff er zur Fender Jaguar, die er mit DiMarzio-Pickups und weiteren Anpassungen ausstattete. Gelegentlich kamen auch Fender Stratocaster-Modelle (meist japanische Versionen in Sunburst) bei Live-Shows zum Einsatz. Zu seinen weiteren Gitarren gehörten unter anderem Univox Hi-Flier, Hagstrom und Epiphone ET-270.
Wer den Sound oder Look heute nachempfinden möchte, findet in der Fender Kurt Cobain Jaguar ein offiziell lizenziertes Signature-Modell mit modernem Setup. Auch die günstigeren Squier Jaguar– und Mustang-Versionen bieten authentische Optik und Feeling zu einem erschwinglicheren Preis. Boutique-Hersteller wie Lagunita Guitars haben sich ebenfalls auf Cobain-inspirierte Nachbauten spezialisiert.

Amps
Von Bassman bis Mesa-Rack
Kurt Cobains Verstärker-Setup war ebenso eigenwillig wie effektiv. Statt klassischer Röhrencombos setzte er häufig auf Racklösungen, bestehend aus Pre-Amps, Power-Amps und individuell abgestimmten Kombinationen. Während der Nevermind– und In Utero-Sessions spielte vor allem der Mesa/Boogie Studio Preamp eine zentrale Rolle, der in Verbindung mit Endstufen von Crown oder Crest betrieben wurde. Dieses Rack-Setup verband er meist mit 4×12″-Cabinets, die mit Celestion Vintage 30 Speakern bestückt waren.
Vor der Nevermind-Ära kamen verschiedene andere Amps zum Einsatz, darunter Fender Bassman (kam ebenso auf der ersten Nirvana-Platte Bleach zum Einsatz), Vox AC30 und gelegentlich ein Marshall JCM800, der bei Soloauftritten oder als Leihamp zum Einsatz kam. Cobains Ansatz war stets pragmatisch: Der Preamp lieferte den Grundcharakter des Tons, während die Cabinets für Volumen und Tiefton-Druck sorgten. Laut Cobain selbst – und wie Produzent Butch Vig später betonte – stand für ihn stets der reine Amp-Klang im Vordergrund, nicht der übermäßige Einsatz von Effekten.
So formte Kurt Cobain seinen Sound am Verstärker
In puncto Einstellungen bevorzugte Cobain oft aufgedrehte Mitten, um sich im Bandmix besser durchzusetzen, während die Höhen moderat blieben. Den Gain hielt er meist auf einem mittleren Level, da die eigentliche Verzerrung primär aus den Pedalen kam. Ein zu heiß eingestelltes Amp-Gain hätte laut ihm nur unerwünschte Nebengeräusche erzeugt, die seinen rohen Sound verfälscht hätten. Besonders bei Live-Auftritten kann man schnell sehen, wie häufig Kurt zwischen dem „cleanen“ Crunch-Sound seines Amps bzw. Racks in Strophen und der aggressiven Zerre seiner Pedale (meist in Refrains) wechselt.
Teure Vintage-Racks für deinen Nirvana-Sound? Modeling ist hier die Lösung!
Brauche ich nun ein teures altes Vintage-Mesa-Rack, um so zu klingen wie Nirvana? Keineswegs! Wer heute ähnliche Sounds sucht, findet moderne Alternativen in Profiling-Modelern wie dem Kemper Profiler, IK Multimedia TONEX oder Line 6 Helix, die originalgetreue Nirvana-Presets liefern können. Besonders in den jeweiligen dedizierten Preset-Communitys finden sich zahlreiche User-Presets, die den Cobain-Sound sehr detailgetreu abbilden!
Wer dennoch tief in die Tasche greifen möchte, kann zur klassischen Röhrenlösung greifen und sich den Mesa/Boogie Mark V oder generell Modelle der Mark Series anschauen. Auch Bogner Shiva und Friedman BE-100 können grungige High-Gain-Sounds mit Vintage-Charme liefern. Wer eine kompaktere Lösung bevorzugt, kann zu Geräten wie dem Blackstar HT-Dual oder Joyo JF-AL2 / Alien greifen, die als kleine, flexible Röhrenamps mit überzeugender Gain-Struktur überzeugen.
Zusammenfassung – Wie du deinen Nirvana-Sound zusammenstellst

Um Kurt Cobains legendären Grunge-Sound authentisch nachzubilden, braucht es kein überladenes Setup, sondern ein klares Konzept und den Mut zur Einfachheit. Im Zentrum steht die Distortion: Ein Verzerrer mit präsenter, leicht aggressiver Mittenbetonung – etwa der klassische Boss DS-1 oder eine moderne Alternative – bildet die Basis.
Modulationseffekte wie Chorus oder Flanger sollten in erster Linie sparsam eingesetzt werden. Jedoch empfehle ich, Modulationseffekte nicht über den Effektschleifweg eines Amps einzubinden, sondern diese vor den Amp zu platzieren. Dadurch erreicht man einen komprimierteren, aggressiven Klangcharakter.
E-Gitarren: Offset-Modelle wie die Fender Mustang oder Jaguar, idealerweise mit Humbucker-Modifikationen, liefern das richtige Spielgefühl und Klangfundament. Alternativ bieten moderne Signature-Modelle authentische Spezifikationen in einer komfortablen, spielfertigen Form.
Beim Amp und Signalweg empfiehlt es sich, auf ein sauberes Grundsignal zu setzen, während die Verzerrung hauptsächlich aus dem Pedal stammt. Wer flexibel bleiben möchte, kann auch auf moderne Modeler zurückgreifen, um Cobains typische Sounds realistisch zu reproduzieren.
Schließlich gehört zum authentischen Cobain-Sound vor allem eines: Mut zur Unvollkommenheit. Kleine Rückkopplungen, ungeschliffene Übergänge und ein gewisses Maß an „Roughness“ sind kein Makel, sondern Teil des Charakters. Cobains Klang war nie klinisch perfekt – gerade deshalb ist er bis heute unverwechselbar.
Fotos: Electro Harmonix