Zwei alte Gunners, zwei neue Feuer:
Man soll immer gut zuhören, wenn alte Männer etwas zu sagen haben… Und wenn zwei Gründungsmitglieder von Guns N’ Roses, die zwar mit 60 bzw. 61 Jahren noch nicht uralt, aber schon seit Ewigkeiten dabei sind, fast zeitgleich neue Live-Alben veröffentlichen, kann das kein Zufall sein. Anscheinend schien es für beide an der Zeit für eine Bestandsaufnahme, die sehr unterschiedlich ausfallen. Duff McKagan und Slash haben sich seit den Achtzigern im Rock’n’Roll-Zirkus nicht lumpen lassen, und zeigen nun mit jeweils 2024 aufgenommenen Live-Alben,, dass sie weit mehr sind als Relikte einer lauten Vergangenheit, und weit mehr als nur, wenn auch prägende Mitglieder von GNR. Beide zeigen, wie unterschiedlich Reife im Rock klingen kann: introspektiv und ehrlich beim einen, roh und elektrisierend beim anderen.
Duff McKagan – „Lighthouse: Live From London“
„Lighthouse“ war 2023 schon ein erstaunlich persönliches Album, ein Werk, das weniger an Punk und mehr an Menschlichkeit erinnerte. Die Live-Aufnahme aus der Islington Assembly Hall in London hebt diese Songs nun auf eine andere Ebene. Duff steht hier mit beiden Beinen auf der Bühne und gleichzeitig mit offenem Herzen im Leben. Die Setlist umfasst Highlights aus seiner gesamten Karriere, darunter das schimmernde „Longfeather“ oder das intensive „I Saw God on 10th St.“. Dazu kommen zwei besondere Momente: Steve Jones (Sex Pistols) begleitet Duff bei „Can’t Put Your Arms Around A Memory“ und Bowies „Heroes“ – beides Stücke, die fast sinnbildlich für McKagans Haltung stehen: verletzlich, ehrlich, unkaputtbar.
Seine Band – Mike Squires, Tim DiJulio, Jeff Fielder und Michael Musburger – bringt das Material in perfekter Balance zwischen Druck und Dynamik auf die Bühne. Der Sound ist warm, rau, authentisch. Keine digitale Perfektion, sondern Rock’n’Roll mit Seele. „Lighthouse: Live from London“ erscheint auf CD, Blu-ray und 180g-Vinyl – und zeigt, dass Punk auch mit Anstand altern kann.

Slash – „Live at the S.E.R.P.E.N.T. Festival“
Während Duff ins Licht blickt, taucht Slash tief in den Schatten des Blues hinab – dorthin, wo alles begann. „Live at the S.E.R.P.E.N.T. Festival“, aufgenommen im Mission Ballroom in Denver, ist eine glühende Liebeserklärung an den Ursprung des Rock’n’Roll. Slash steht hier nicht als Gitarrenheld auf dem Podest, sondern als Fan. Gemeinsam mit seiner Band Blues Ball – Teddy „ZigZag“ Andreadis (Keys, Vocals, Harp), Tash Neal (Gitarre, Vocals), Johnny Griparic (Bass) und Michael Jerome (Drums) – gräbt er tief in den Archiven des Blues: Von „Parchman Farm Blues“ über „Born Under a Bad Sign“ und „Stormy Monday“ bis hin zu Hendrix’ „Stone Free“ liefert die Band ein Set, das gleichzeitig respektvoll wie dringlich klingt. Dazu gibt es mit „Metal Chestnut“ noch einen neuen Song, einen wilden, riffgetriebenen Hybrid aus Boogie und Hardrock.
Das Konzert wurde nicht nur als Live-Album, sondern auch als Konzertfilm veröffentlicht – mit Interviews, Backstage-Szenen und ehrlichen Einblicken in Slashs Beziehung zum Blues. Zu sehen ist das Ganze auf AppleTV und Amazon Prime Video, parallel zur weltweiten Veröffentlichung über earMUSIC (2CD+Blu-ray, 3LP-Gatefold, digitale Formate).
Slashs Blues-Ball-Ära begann bereits 1996, die erste Veröffentlichung erschien jedoch erst 2024 mit dem Studioalbum „Orgy of the Damned“, das 13 Wochen auf Platz 1 der Billboard-Blues-Charts stand. Das neue Live-Album macht nun da weiter, wo „Orgy“ aufhörte: lauter, roher, direkter.


