Muscle Shoals – ein Mekka der Musikgeschichte
Die Muscle Shoals Studios, gelegen in der kleinen Stadt Muscle Shoals, Alabama, nehmen einen besonderen Platz ein in der Historie der Rock-, Blues- und Soul-Musik. Die Geschichte der Muscle Shoals Sound Studios beginnt in den frühen 1960er-Jahren, als der Produzent Rick Hall die FAME Studios gründete. Hall, ein visionärer Unternehmer, erkannte das Potenzial der Region, die durch ihre musikalische Vielfalt und die talentierten Musiker, die dort lebten, geprägt war. FAME Studios wurde schnell zu einem Hotspot für Aufnahmen, und Hall stellte eine talentierte Hausband zusammen, bestehend aus den Musikern Barry Beckett (Keyboard *1943 †2009), Roger Hawkins (Schlagzeug *1945 †2021) David Hood (Bass *1943) und Jimmy Johnson (Gitarre *1943 †2019).
Geburtsstunde der Swampers
Diese vier Musiker schufen dann – einfach, weil sie von den Fame Studios finanziell klein gehalten wurden – etwas ganz Besonderes, das man so bis dato noch nicht kannte: Sie verließen gemeinschaftlich Fame und eröffneten 1969 ihr eigenes Studio – das Muscle Shoals Sound Studio – und später auch einen eigenen Verlag. Nun hatten sie sowohl musikalisch als auch geschäftlich alle Fäden in der Hand. Es dauerte nicht lange, bis sich Künstler wie Wilson Pickett, Aretha Franklin, die Rolling Stones, Lynyrd Skynyrd oder die Allman Brothers die Klinke in die Hand gaben. Sie alle genossen die relaxte Arbeitsatmosphäre, den speziellen Sound und den musikalischen Input der vier Besitzer, die auch feste Haus-Band waren und als die Muscle Shoals Rhythm Section berühmt wurden. Sie wurden aber auch liebevoll „The Swampers“ genannt und ihnen wurde sogar eine Strophe im Lynyrd-Skynyrd-Klassiker „Sweet Home Alabama“ gewidmet, wo es heißt:
„Now Muscle Shoals has got the Swampers
And they’ve been known to pick a song or two (yes, they do)
Lord, they get me off so much
They pick me up when I’m feelin‘ blue, now how ‚bout you?“
Ein (winzig) kleiner Ausschnitt der Muscle Shoals Diskografie:

Aretha’s Gold (LP) – Aretha Franklin
Hey Jude (LP & 45) – Wilson Pickett
Sticky Fingers (LP) – Rolling Stones
Lies (45) – J.J. Cale
The Shelter People (LP) – Leon Russell
The Train I’m On (LP) – Tony Joe White
The Harder They Come – Jimmy Cliff
There Goes Rhymin‘ Simon (LP) – Paul Simon
Lookin‘ For A Love (LP & 45) – Bobby Womack
Night Moves (LP) – Bob Seeger
Street Survivors (LP) – Lynyrd Skynyrd
Izitso (LP) – Cat Stevens
Only The Lonely (LP) – Mavis Staples
Second Wind (LP) – Delbert McClinton
Luxury You Can Afford (LP) – Joe Cocker
Old Time Rock And Roll (45) – Bob Seeger
Communique (LP). – Dire Straits
Slow Train Coming (LP & 45) – Bob Dylan
The Allnighter (LP) – Glenn Frey
… die Liste ist schier endlos …
Die Swampers sind über die Jahre natürlich nicht immer nur zu viert geblieben. Zum erweiterten Kreis der Mitglieder dieser legendären Gruppe gehörten u.a. auch noch Pete Carr (git), Spooner Oldham (keys), David Briggs (keys), Jimmy Johnson (git) und nicht zu vergessen die Muscle Shoals Horn Section.
Hotspot für Rock-Legenden
Es ranken sich herrliche Anekdoten um dieses bedeutsame Studio. Z. B. die Geschichte, als die Swampers für Bob Seeger ein Demo des Songs „Old Time Rock’n’Roll“ eingespielt hatten. Der Song sollte mit auf das 1978er Album „Stranger In Town“ und als die Band im Studio versuchte den Song neu aufzunehmen, gaben sie nach etlichen Takes auf, weil sie die Einspielung der Swampers einfach nicht toppen konnten. Auf dem berühmten Seeger-Klassiker hören wir also die Muscle Shoals Rhythm Section und nicht etwa die Silver Bullet Band.
Oder diese Episode: 1968, im Alter von 22 Jahren, zog Duane nach Muscle Shoals, weil er unbedingt als Session-Gitarrist in dem Studio arbeiten wollte, in dem er und sein Bruder Gregg im selben Jahr mit ihrer Band Hour Glass Aufnahmen gemacht hatten. Duane kam in Muscle Shoals an, schlug ein Zelt auf und zeltete auf dem Parkplatz der FAME Studios, um näher am Geschehen zu sein. Irgendwann passte er Wilson Pickett ab und überzeugte ihn davon, eine Cover-Version von „Hey Jude“ (Beatles) aufzunehmen. Er spielte dann auch Gitarre auf dieser legendären Aufnahme und hinterließ sofort mächtig Eindruck bei anderen Musikern. Ein gewisser Eric Clapton, der mit Duane Allman später Derek & the Dominos gründen sollte, wird so zitiert: „ Ich erinnere mich, dass ich Wilson Picketts ‚Hey Jude‘ hörte und von dem Lead-Break am Ende einfach fasziniert war. Ich musste sofort wissen, wer das war – und zwar sofort.“
Wer solche Geschichten liebt, und genauer hinter die Kulissen des Studios schauen möchte, sollte sich unbedingt die großartige Dokumentation „Muscle Shoals“ aus dem Jahr 2013 anschauen.
Umzug in die Alabama Avenue
MSS blieb neun Jahre lang, von 1969 bis 1978, am Standort Jackson Highway. Allein in dieser Zeit spielten die Swampers auf über 200 Alben, mit über 75 Gold- und Platin-Schallplatten und hunderten von Hits.

1978 waren die Swampers aus den Räumlichkeiten am Jackson Highway herausgewachsen und kauften ein größeres Gebäude an der Alabama Avenue in Sheffield. Seit dem Umzug im Jahr 1978 beherbergte der ursprüngliche Standort am Jackson Highway einen Audio/HiFi-Händler und eine Reparaturwerkstatt für Haushaltsgeräte, bevor er in den späten 90er-Jahren aufgegeben wurde. Anfang der 2000er wurde das Gebäude von einem Bürger der Stadt gekauft, um es als Museum und voll funktionsfähiges Studio wiederzueröffnen. Im Jahr 2013 wurde das Studio von der Muscle Shoals Music Foundation gekauft, die eine Non-Profit-Organisation ist. Diese gewährleistet, dass alle Einnahmen aus Tourneen, dem Verkauf von Fanartikeln und Aufnahme-Sessions direkt in die Verbesserung und Wiederherstellung des Studios fließen.
Seit der Wiedereröffnung des ursprünglichen Studios auf dem Jackson Highway am 9. Januar 2017 hat das Studio Besucher aus allen Kontinenten empfangen. Dank der großzügigen Unterstützung von Spendern wurde das Muscle Shoals Sound Studio in den Zustand von 1969 zurückversetzt und ist bereit, das legendäre Erbe zu bewahren und seine Zukunft zu sichern. Es war, ist und bleibt … ein Mekka der Musikgeschichte!
Das könnte dich auch interessieren: