Es ist schon eigenartig. Jeder große Gitarrist, der der E-Gitarrenwelt etwas eigenes und neues hinzugefügt hat, hat Nachahmer oder wenigstens solche, die es hörbar versuchen. Und auch von Mark Knopfler weiß man, dass er seinerzeit in den 70ern und 80ern die E-Gitarre ein Stück weit neu erfunden hat. Aber so recht mag mir kein Gitarrist einfallen, der dem, was Knopflers Stil und Klang ausmacht, auch nur annähernd nahekommen würde. Vielleicht sind Mark Knopfler und seine Spielweise einfach zu subtil anders und gleichzeitig zu unspektakulär aus virtuoser Sicht, und mit Sicherheit sehr schwer zu adaptieren. Man erkennt Mark Knopfler sofort – und wundert sich immer wieder, wie etwas auf den ersten Blick so Unspektakuläres so spektakulär berühren kann. Knopflers Sound ist eine Mischung aus Gelassenheit und Präzision, aus kontrollierter Kraft und fast schon lyrischer Phrasierung. So etwas ist kaum zu imiteren.
Mark Knopfler, der Musiker
Bevor man über Knopflers Sound spricht, lohnt jedoch ein Blick auf den Menschen dahinter. Der 1949 geborene Schotte wuchs bei Newcastle auf, studierte Journalismus, schrieb Reportagen und Kolumnen und hatte anfangs eher die Ambition, Schriftsteller als Gitarrenikone zu werden. So kann es kein Zufall sein, dass seine Soli später so melodiös auf den Punkt, schlicht und erzählerisch wurden. Als er 1977 mit seinem Bruder David die Dire Straits gründete, passte das fast schon auffällig unaufdringliche Klangbild so gar nicht zur sonst oft opulent produzierten Rockwelt der späten Siebziger und frühen Achtziger. Und trotzdem schlug es ein (oder gerade deswegen), und Knopflers Ton wurde sofort zum Markenzeichen der Band. Virtuos im Understatement und damit aussagekräftiger als ein Großteil der musikalischen Beiträge der meisten seiner Kollegen.
Warum Knopfler so anders klingt als alle anderen
Knopflers Sound ist seine rechte Hand. Punkt. Er spielt bekanntermaßen fast ausschließlich mit den Fingern, also mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger. Das bietet ihm mehr Möglichkeiten zur Klangfärbung schon im Anschlag, was sein Spiel so organisch macht. Der Attack ist zwar weicher, aber keineswegs schwächer. Sein Timing ist dabei extrem entspannt und oft lässig hinter dem Beat. Hinzu kommt eine Bending-Technik, die bis heute einzigartig ist und ein Vibrato mit hohem Wiedererkennungswert.
Trotzdem hat Mark Knopfler über die Jahrzehnte eine ziemlich klare Klangphilosophie entwickelt und sich Arbeitsgeräte gesucht, die maximale Transparenz und musikalische Wärme gleichermaßen liefern. Und natürlich verwendet Knopfler bestimmte Instrumente und Amps bevorzugt, aber allein die Tatsache, dass er sich sowohl im Strat- als auch im Les-Paul-Lager bedient oder dass er früher Röhrenamps spielte, heute zumindest live auf Kemper setzt und immer noch fantastisch klingt, sollte Beleg genug sein.
Gitarren: Stratocaster & Les Paul
Am Anfang stand die Fender Stratocaster mit ihrem perligen Charakter. Eine rote 61er war es zumeist auf den frühen Platten. Sie liefert auf den ersten Alben einen aufgeräumten, klaren Klang, mit einem Schuss Mittenwärme durch die Position des Pickup-Wahlschalters auf der hinteren Zwischenposition. Später, in den 80ern, als die Musik der Dire Straits breiter und orchestraler wurde, kam die Gibson Les Paul ins Spiel. Der berühmte Lead-Sound von „Brothers in Arms“ ist ein Musterbeispiel für Zurückhaltung: Hals-Pickup, leicht zurückgedrehtes Volume-Poti, dezent bedämpfte Höhen. Das Ergebnis: ein singender, fast schon geisterhaft schwebender Ton mit viel Sustain.
In den folgenden Jahrzehnten erweiterte Knopfler seine Sammlung stetig: Schecter-Strats, die legendären Pensa-Suhr-Signatures für die späten 80er und 90er, National Resonators für seine Roots-Phase sowie Lowden- und Martin-Akustikgitarren für seine solistische Folk-Arbeit.


Amps und Effekte
Die frühen Dire Straits klingen stark nach Fender Vibrolux oder Deluxe Reverb mit ihren offenen, leicht federnden Clean-Sounds. Später kamen Verstärker aus der Mesa/Boogie Mark-Serie und Soldano SLO hinzu, aber auch hier war der Gain immer nur so weit aufgedreht, dass der Ton geradeso zu singen beginnt. Knopfler bevorzugt warme Verstärker, die nicht quäken und nicht komprimieren, sondern einfach tragen. Wie erwähnt setzt er live schon seit einigen Jahren auf Modeling, da ihm dies mehr Konsistenz gibt.
Was Effekte betrifft, so ist ein Compressor fast immer mit dabei, aber nur um eine gewisse Gleichmäßigkeit zu erlangen und trotzdem die Luftigkeit zu behalten. Ein leichtes Delay, eher als dezentes Verlängern der Noten denn als Effekt erkennbar, und hier und da ein Plate-Reverb, der den solistischen Passagen Tiefe verleiht. Overdrives nutzt er wie Gewürze: sparsam, unauffällig, aber geschmackvoll.



Die Einstellungen (für den cleanen Strat-Sound)
Gitarre
• Fingerstyle (ohne Plektrum!)
• Pickup: Position 2 oder 4
• Volume: oft leicht zurückgedreht
• Tone: fast immer offen
Amp
• Gain: niedrig
• Treble: runter, aber nicht dumpf
• Mids: recht hoch
• Bass: mittig
Effekte
• Compressor: leicht, transparent
• Delay: < 150 ms, kaum Feedback
• Reverb: Plate, sanft
