Parallele Signalführung – 10 Wege, Effekte mal anders zu verkabeln

Foto eines Pedalboards mit Effektgeräten und einem Fuß, der auf ein Wah-Pedal drückt.

Seriell oder parallel? So holst du das Beste aus deinem Pedalboard heraus!

Spätestens seit es Modeler gibt, stehen uns unendlich viele Wege offen, schnell und flexibel Effekte miteinander zu kombinieren und großartige Klangwelten zu erschaffen. Dabei wird ein Thema immer noch sehr stiefmütterlich behandelt: die parallele Signalführung. Was das ist, wie das funktioniert und wofür man das braucht, erfahrt ihr in diesem Beitrag!

Was ist parallele Signalführung?

Die meisten Pedalboards arbeiten seriell – ein Pedal wird per Patchkabel ins nächste gesteckt, und das Signal wandert nach und nach durch alle Effekte. Bei der parallelen Signalführung ist das anders: Das Signal wird in zwei oder mehr Wege aufgeteilt. So kann beispielsweise ein Signalweg durch die komplette Effektkette laufen, während der andere clean bleibt – oder beide Signalwege durchlaufen unterschiedliche Effekte. Man kann sie an verschiedene Quellen (z. B. zwei Verstärker) senden oder später wieder zusammenführen.

Serieller Signalfluss

Grafische Darstellung eines seriellen Signalfluss mit Icons einer Gitarre, Effektpedalen und Verstärker.
Serieller Signalfluss

Seriell: Effektpedale werden in einer Reihe geschaltet: Das Audiosignal wird nacheinander durch verschiedene Effektgeräte geleitet wird, wodurch jedes Gerät das Signal verändert und folgende Effekte in der Kette beeinflusst.

Paralleler Signalfluss

Grafische Darstellung eines parallelen Signalfluss mit Icons einer Gitarre, Effektpedalen und Verstärker.
Paralleler Signalfluss

Parallel: Das Signal wird gesplittet, sodass ein Teil einen oder mehrere Effekte durchläuft, während ein anderer Teil unverändert bleibt. Die beiden Signalanteile werden dann gemisch. Dadurch lassen sich Reverb-, Delay- oder Modulationseffekte sauber in das eigene Setup integrieren.

Wie trenne ich die Signalwege – und wie führe ich sie wieder zusammen?

Frontbild des Fame Mini ABY Pedals
Fame Mini ABY

In der analogen Welt benötigt man dafür technische Helferlein wie Splitter, ABY-Boxen oder Summierer. Auch stereofähige Pedale können als Splitter oder Summierer dienen. Ein konkretes Beispiel: Das Signal lässt sich mit dem Lehle P-Split aufteilen und mit dem JHS Summing Amp wieder zusammenführen.

Verwendet man hingegen einen Modeler, entfällt der technische Aufwand. Nahezu alle modernen Modeler ermöglichen das Splitten und Zusammenführen des Signals an nahezu beliebigen Stellen innerhalb der Effektkette.

Vorteile eines Amp-Modelers: Viele Modeler bieten eine übersichtliche Darstellung des Signalwegs. Effekte und Amps können flexibel in das virtuelle Setup eingebunden werden, egal, ob seriell oder parallel.

Nahaufnahme des HeadRush Flex Prime Modeler Screen
Vorteile eines Amp-Modelers: Viele Modeler wie beispielsweise das HeadRush Flex Prime mit Screen bieten eine übersichtliche Darstellung des Signalwegs.

Anwendungsbeispiele: Verzerrer

Produktbild des Boss SD-1 Super Overdrive.
Boss SD-1 Super Overdrive

Die Möglichkeiten einen Verzerrer parallel im Signalweg zu integrieren sind schier endlos. Deshalb habe ich ein paar Beispiele zusammengestellt, die ich persönlich besonders gerne nutze:

1. Verzerrter Sound mit parallelem Clean-Signal

Ein absoluter Klassiker ist das Beimischen des Cleansignals zu einem Drivepedal. Der Sound wird deutlich definierter, bekommt oft mehr Low-End und eine klarere Saitentrennung. Man muss eventuell etwas mehr Gain einstellen, da der Ton insgesamt cleaner wirkt.

2. Zwei Verzerrer parallel

Wer zwei Verzerrer hintereinander schaltet, riskiert, dass der erste den Klangcharakter des zweiten stark beeinflusst – etwa indem ein Tube Screamer dem nachfolgenden Drive das Low-End klaut. Nicht so bei paralleler Signalführung: Man erhält einen offeneren, dynamischeren Sound, der die Eigenheiten beider Pedale bewahrt.

3. Verzerrter Grundsound mit parallelem cleanem Slapback-Delay

Nicht spektakulär, aber enorm effektiv: Slapbacks versprühen echtes Rock’n’Roll-Feeling, gehen im verzerrten Signal aber oft unter, wodurch je nach Spielstil schnell ein Klangmatsch entstehen kann. Trennt man die Signale, lässt sich ein verzerrter Grundsound mit einem cleanen Slapback kombinieren.

Anwendungsbeispiele: Kombinationen mit Reverb-, Delay- und Modulationseffekten

Frontbild eines TC Electronic Flashback 2 Delay-Pedals
TC Electronic Flashback 2 Delay Pedal

4. Modulation mit Cleansignal

Modulationseffekte klingen toll, können aber Frequenzen klauen. Mit einem parallelen Clean-Weg lassen sich fehlende Frequenzen ausgleichen. Außerdem könnt ihr beispielsweise mit einem parallelen Clean-Signal aus eurem Vibratoeffekt den Eindruck eines Chorus-Effektes imitieren.

5. Hall & Delay parallel

Wer auf aufgeräumte, definierte Sounds steht, wird das lieben: Statt das Delay in den Hall zu schicken, lassen sich beide Effekte parallel nutzen. Das macht das Klangbild deutlich klarer – die Delays verschwimmen nicht und bleiben präsent und ortbar.

6. Wah + Clean

Ein echter Gamechanger! Wird dem Wah-Sound ein paralleles Clean-Signal beigemischt, bleiben alle Frequenzen erhalten, die das Wah sonst schlucken würde. Der Grundsound bleibt fett, der Wah setzt sich on top – funky, ohne zu nerven.

7. Cleane Delays über Crunchsounds

Etwas experimenteller: Warum nicht cleane Delays über einen crunchigen Rhythmussound legen? Mit einem Drive im ersten und einem Delay im zweiten Signalweg klingt es, als spielten zwei Gitarren gleichzeitig. Besonders live ein toller Effekt!

8. Shimmer-Reverb mit verzerrter Rhythmusgitarre

Auch Reverb-Effekte profitieren von paralleler Führung: Ein verzerrter Sound mit einem parallelen, cleanen Shimmer-Reverb wirkt unendlich groß – perfekt für weitläufige Arrangements oder einen Synthpad-artigen Gitarrensound.

9. Swells mit parallelem Reverb

Wer im ersten Signalweg ein Volumenpedal und im zweiten einen Reverb mit 100 % Wet-Anteil nutzt, kann den Gitarrensound direkt in den Hall hineinfaden. Ideal für sphärische Cleansounds und macht auch für Leadsounds eine gute Figur. Ihr könnt so auch nur den Hall, ohne Cleansignal spielen.

10. Effekt-Swells

Natürlich geht auch der umgekehrte Fall: Mit einem Volumenpedal im Effektweg lässt sich Hall, Delay oder auch ein Drive stufenlos zum trockenen Signal hinzufügen, was sehr organisch klingt und perfekt für Übergänge oder dynamische Build-ups funktioniert.

Fazit

Die Möglichkeiten sind endlos – und die hier gezeigten Beispiele kratzen nur an der Oberfläche. Von subtilen Klangverbesserungen bis hin zu abgefahrenen FX-Sounds ist alles möglich. Ich kann euch nur ermutigen, das Thema parallele Signalführung selbst auszuprobieren und hoffe, ich konnte euch ein paar spannende Ideen für den Einstieg mitgeben!

Mehr zum Thema:

Pedalboard & Co. – Dein Guide zur Pedal-Glückseligkeit (Teil 1)

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