Pedal des Monats: Old Blood Noise Endeavors Beam Splitter

Pedal des Monats

Stellen wir uns unser Gitarrensignal als Lichtstrahl vor, dann ist der Beam Splitter von Old Blood Noise Endeavors ein Prisma. Es teilt unser Signal in drei Teile und beherbergt drei separate Overdrive Schaltkreise in einem Gehäuse. Obendrauf hat es noch einige Asse im Ärmel. Ist es nun die heilige Dreifaltigkeit der Zerre oder doch der rauschige Vorhof zur Klanghölle? Wir schauen genau drauf!

Zerre mal drei – Gain Staging vs. Parallelschaltung

Gain Staging ist eine sehr verbreitete Art, den eigenen Zerrsound zu bauen. Mit mehreren leichten Overdrives, die hintereinander sitzen und sich somit hochpotenzieren, lässt sich in der Regel deutlich leichter ein massiver, vielschichtiger Sound erzeugen. Jedes Gain-Poti an jedem Zerrpedal fügt ab einem gewissen Punkt nur noch mehr Rauschen hinzu, ohne unserem Signal zusätzliche musikalische Qualitäten zu verleihen. Setzen wir mehrere Overdrives in Reihe, heben sie nicht nur den Pegel und Zerrgrad sondern auch die Definition und Durchsetzungskraft. Wenn wir’s richtig anstellen, erreichen wir einen dichteren, klareren Ton, ohne in einem Rauschmeer unterzugehen.

Produktbild des Old Blood Noise Endeavors Beam Splitter.
Bunt wie ein Prisma: Das Old Blood Noise Endeavors Beam Splitter. (Bild: oldbloodnoise.com)

Doch statt auf eine serielle Schaltung setzt OBNE beim Beam Splitter auf den Parallelweg. Und jetzt wird’s richtig spannend: Statt aus einem Overdrive ins nächste zu gehen, wird unser Signal nach der Input-Buchse dreigeteilt und separat in jeden Zerrkreis geschickt. Dahinter kann es wieder summiert über die Main-Out-Buchse oder weiterhin getrennt über alle drei Output-Buchsen ausgegeben werden. Doch dazu später mehr, schauen wir erst einmal auf die einzelnen Verzerrer-Schaltkreise innerhalb des Pedals.

Klangfarben mit Charakter – die drei Gesichter des Beam Splitters

Lila:

Regler vom Purple Channel des Old Blood Noise Endeavors Beam Splitter.
Im Purple Channel erwartet uns ein klassisches Three-Knob-Layout.

Laut Aussage des Herstellers handelt es sich hier um die härteste Verzerrung in diesem Pedal. Dem kann ich nur zustimmen! Es ist deutlich die dreckigste und am stärksten komprimierte Zerre, die man einzeln aus diesem Pedal bekommt. Aggressiv und vollmundig geht’s hier schon stark in Richtung Distortion. Mit den drei Potis können wir ganz klassisch den Zerrgrad (Gain), die Lautstärke (Volume) und den Höhenanteil (Tone) regeln. Mit einer gut durchdachten Besonderheit am Gain-Regler: drehen wir diesen auf, verändert sich nicht nur die Menge der Verzerrung, sondern auch das Voicing. Die Bässe werden straffer und die Mitten und Höhen werden geboostet. Genau das, was wir bei starker Verzerrung auch brauchen. Starker Start! Schon dieser Schaltkreis alleine macht ordentlich Laune.

Green Channel des Old Blood Noise Endeavors Beam Splitter.
Steuerelemente des Green Channel.

Grün:

Dieser Schaltkreis ist der weichste, aber auch mit dem größten Höhenanteil. Bei niedriger Einstellung bekommen wir ein weiches Clipping, welches eher in den Bereich Clean-Boost einzuordnen ist. Drehen wir das Gain-Poti nach rechts auf, geht’s dann immer mehr in Richtung Overdrive. Neben den selbsterklärenden Volume- und Tone-Potis sehen wir eigenartigerweise noch einen Time- und einen Decay-Regler. Diese würde man normalerweise an einem Delay- oder Reverb-Pedal erwarten. Dieses Mysterium lüfte ich jedoch erst, nachdem wir alle OD-Schaltkreise kennengelernt haben. 😉

Blue Channel des Old Blood Noise Endeavors Beam Splitter.
Blue Channel mit Gain Switch.

Blau:

Der „blaue“ Schaltkreis ist ein Transistor-Overdrive. Ein sehr neutraler Zerrer im mittleren Gainbereich. Ich muss zugeben, dass dieser Schaltkreis allein nicht der aufregendste ist. Das ist allerdings nicht weiter schlimm, denn der Sinn und Zweck dieses Pedals liegt eben nicht darin, die Schaltkreise einzeln zu hören, sondern vielmehr dessen Zusammenspiel. Und hier gibt der Dritte genau das gewisse Etwas dazu, was die anderen Beiden nicht abdecken. Außergewöhnlich ist, dass hier kein Gain-Poti, sondern ein Kippschalter mit zwei Positionen zur Verfügung steht. Volume- und Tone-Poti dürfen aber natürlich nicht fehlen.

Klangvervielfältigung Deluxe – das Geheimnis hinter Time, Decay & Deviate

Und nun geht’s ans Eingemachte! Wer das Pedal etwas genauer betrachtet, wird feststellen, dass neben sehr vielen Potis auch auffällig viele Buchsen verbaut sind. Die drei OD-Schaltkreise können dadurch komplett separat gehalten werden. Richtig gelesen! Wir können eine Gitarre durch drei Amps jagen. Wer das einmal gehört hat, versteht sofort den Begriff ‚Wall of Sound‘. Drei verschiedene Verzerrer an (bestenfalls) drei verschiedene Amps anzuschließen ist wirklich eine Hausnummer, die Ihresgleichen sucht. Mit einem auf drei Ausgänge gesplittetem Signal klingen wir aber noch nicht wie drei Gitarristen.

Anschlüsse des Old Blood Noise Endeavors Beam Splitter.
Der Green Channel und Blue Channel verfügen über separate Ausgänge.

Auch darüber haben sich die klugen Köpfe von OBNE Gedanken gemacht. Zwei der OD-Schaltkreise haben, wie bereits erwähnt, zusätzliche Regler für Time und Decay. Hiermit ist tatsächlich eine Verzögerung einstellbar. Die Rede ist jedoch nicht von klassischen Delay-Zeiten. Die Spanne beim Beam Splitter ist deutlich kürzer, denn dessen Ziel ist es, eine minimale Verzögerung zu erzeugen. Das soll das menschliche Spielverhalten simulieren. Stellen wir bei dem grünen und dem blauen Schaltkreis also die Time-Potis unterschiedlich ein, klingt es schon deutlich mehr nach mehreren Musikern. Das i-Tüpfelchen bildet hier allerdings der DEVIATE-Regler. Dessen Funktion ist wahnsinnig und genial zugleich. Oder einfach wahnsinnig genial!

DEVIATE – die nötige Portion Chaos

Das DEVIATE-Poti können wir uns als Zufallsgenerator für die Delay-Einstellungen vorstellen. Damit ist die gesetzte Time-Einstellung nicht mehr als fix anzusehen, sondern als Spanne „von-bis“. Wenn wir also eine Verzögerung von z. B. 90 ms einstellen, wird die Delay-Zeit per Zufallsprinzip zwischen 0 ms und 90 ms automatisch variieren. Dadurch klingt es tatsächlich so als würden drei Gitarristen ein Riff spielen. Wir können die Zeiten sogar so weit auseinander wandern lassen, dass wir damit relativ untighte Spieler simulieren können. Also wie immer, haben die Kollegen von OBNE an alles gedacht und es noch drei Schritte weiter getrieben.

Ich konnte natürlich nicht anders und habe das Pedal auch durch ein High-Gain-Setup gejagt. Ich nahm mir dafür die Klassiker: Marshall JVM 800, Peavey 6505 und Mesa Boogie Dual Rectifier. Das Ergebnis ist kaum in Worte zu fassen. Es klang obszön. Ob nun Clean oder High Gain, im „wet-dry-wet“ Setup oder mit drei unterschiedlichen Effektketten, ob Live oder im Studio, der Beam Splitter verdreifacht den Spielspaß indem er Alles groß macht – und wir lieben groß!

  • Mono: Brett
  • Stereo: Wand
  • Trereo: Abrissbirne!

Man versucht uns zu erzählen das Wort „Trereo“ existiere nicht, aber Du und Wir wissen, dass es sehr wohl existiert“ – OBNE, Beam Splitter Manual

Der Hersteller selbst ist sich dessen sehr bewusst, dass dieses Pedal einfach komplett drüber ist. Sie sehen es aber mit einer gesunden Prise Humor. Und seien wir ehrlich, jeder von uns wollte schon mal mit drei Amps gleichzeitig spielen. Ich kann dazu nur sagen, man fühlt sich dabei wie ein Kind im Süßigkeitenladen.

Old Blood Noise Endeavors Beam Splitter – FactsSchrägansicht des Old Blood Noise Endeavors Beam Splitter.

  • Facettenreiches Overdrive-Effektpedal
  • Teilt das Signal auf drei Overdrive-Channels (Purple, Blue und Green) auf
  • Blue und Green Channels mit separaten Reglern für Time und Decay
  • Deviate-Regler für Random Delay-Zeiten
  • Separate Ausgänge für Blue Channel und Green Channel
  • Anschluss für Expression-Pedal
  • Artwork by Dustin Charles
  • Preis: ca. 259,- bei MUSIC STORE

 

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