TONEX Pedal: IK Multimedias Modeling-Flaggschiff im Härtetest
Mit dem TONEX Pedal hat IK Multimedia eine kompakte Lösung für E-Gitarre und E-Bass geschaffen, die Amp-Modeling in Studioqualität direkt auf dein Pedalboard bringt. Mit der dedizierten TONEX Max Software, dem TONEX Editor und AmpliTube 5 bekommt man zum Pedal gleich drei passende Software-Programme mitgeliefert, die nicht nur das Gestalten und Editieren von Amp-Modellen ermöglichen – mit Amplitube 5 lassen sich umfangreiche Amp- und Effekt-Setups zusammenbauen, die unkompliziert in allen gängigen DAWs genutzt werden können und mittlerweile ein starkes Must-Have-Software für viele Gitarristinnen und Gitarristen geworden ist, die ihre Setups bevorzugt am PC gestalten.
Im Modeling-Segment mischt IK Multimedia nun seit einigen Jahren gegen Branchengrößen wie Neural DSP, Kemper oder Line 6 mit. Auch wenn viele Hersteller umfangreichere Features bieten oder eine bessere Setup- und Effekt-Integration, so bietet das TONEX Pedal im Vergleich zur Konkurrenz ein wirklich starkes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Wie gut das TONEX Pedal im Praxistest funktioniert, welche Abstriche man machen muss und welche Features wirklich überzeugen, erfahrt ihr in diesem Test!
Verarbeitung & Design
Das TONEX Pedal punktet mit einem robusten Metallgehäuse und einer klaren Anordnung der Regler. Besonders auffällig ist das Display im klassischen Segment-Design – ähnlich wie man es von Vintage-Geräten kennt. Es wirkt zwar etwas „retro“, erfüllt aber seinen Zweck, indem es Presets, Parameter und Bank-Nummern übersichtlich darstellt.
Die drei Fußschalter sind zudem stabil und sauber verarbeitet, was auch im Live-Einsatz Übersicht schafft und sichere Wechsel zwischen Presets garantiert.
Viele andere Modeling-Pedale bzw. Floorboards bieten eine hochauflösende Anzeige mit visueller Darstellung von Amps und Effekten im Signalweg. Wer mehr als nur eine Segment-Anzeige bevorzugt, der muss bereits bei dieser Design-Entscheidung abstriche machen.
Mich persönlich hat die Anzeigen-Darstellung in der Praxis nie gestört – wer also Probleme mit „unsichtbaren“ Untermenüs hat und alles lieber in einem übersichtlichen UI sehen möchte, der braucht etwas, um mit dem TONEX Pedal warm zu werden. Jedoch gewöhnt man sich relativ schnell an den Screen und sobald ein gewisser Workflow erreicht ist, bekommt man in der TONEX Software und im TONEX Editor eine ausführliche Anzeige seiner Presets visuell dargestellt.
Bedienung & Presets
Schon beim ersten Anschließen kann es direkt losgehen: Einfach ein 9V-Netzteil einstecken, Gitarre in den Input und loslegen. Über den Kopfhörerausgang erhält man ein Stereo-Signal direkt auf die Ohren, parallel lässt sich das Pedal problemlos ins Audio-Interface einbinden – sei es zum Recording in Cubase oder zum Jammen mit Backing-Tracks. Wer kein separates Interface besitzt, der kann das ToneX Pedal selbst als Interface nutzen (Interface-Modus im Menü auswühlen und per USB an den PC anschließen.)

Die Menüführung ist dabei angenehm einfach gehalten. Die Amp-Modelle sind in Dreiergruppen (Banks) organisiert, die sich über die Fußschalter in den Kategorien High-Gain, Crunch und Clean anwählen lassen. Mit dem Hold/Save-Regler können weitere Presets angewählt werden – insgesamt stehen bis zu 150 Speicherplätze für Gitarre und Bass bereit.
Die Bandbreite reicht von klassischen Vintage-High-Gain-Boliden à la Marshall JCM800/900 oder Mesa/Boogie Rectifier bis hin zu wilden Transistor-Sägen oder altbewährte Klassiker von Twin Reverb bis AC30 Cleans. Bereits die Werksmodelle liefern einen starken Ersteindruck, auch wenn sich beim genaueren Hinhören gewisse Eigenheiten bemerkbar machen (dazu aber später mehr).
Amps direkt am Pedal bearbeiten
Für Anfängerinnen und Anfänger kann bereits das erste Anspielen der Werksmodelle wie eine gigantische Spielwiese wirken, da so gut wie jedes Genre von Blues bis Funk und von Rock bis Metal bedient wird. Gefällt dir ein Preset nicht, so lässt sich das Amp-Modell direkt am Pedal bearbeiten: Über den Gain-Regler lässt sich der Zerrgrad einstellen, während die drei Regler für Bass, Mid und Treble zur ausführlichen Klangformung bereitstehen.
Hält man den PARAMETER-Regler gedrückt, so wechselt man in den ALT-Modus, in dem man Zugriff auf die Zweitbelegung der Regler erhält. Dadurch lässt sich der Reverb-Anteil, ein Kompressor, ein Noise Gate sowie der Presence-Wert einstellen. Zwar lassen sich am Pedal selber keine ausführlichen Modulationseffekte einstellen, jedoch ist das Noise Gate gerade für Freunde des Metal ein wichtiges Must-Have.

Wer mit dem TONEX Pedal also ein Effektfeuerwerk erwartet, der sollte seine Erwartungen schnell zurückschrauben: Neben Reverb, Compressor und Noise Gate lassen sich am Pedal selber keine weiteren Effekte in die Presets integrieren. Wer sein Amp-Modell mit weiteren Modulationseffekten oder virtuellen Pedal-Modellen verfeinern möchte, der muss zwangsläufig auf die TONEX Software zurückgreifen (dazu auch später mehr!).

Sound & Software

Kommen wir zum wichtigsten Punkt: Wie klingt der Sound des IK-Modelers? Wie bereits beschrieben, ist der erste Eindruck der Werksmodelle bei der großen Auswahl an Verstärkertypen definitiv überzeugend. Beim zweiten Hinhören machen sich jedoch einige EIgenheiten bemerkbar: Gerade die Werk-Cabs fallen mitunter durch extreme Resonanzen (z. B. bei Vintage-Marshalls) oder stark gescoopte EQ-Settings bei modernen Metal-Amps auf. Auch wenn viele Werkspresets von Anfang an stark klingen, so hatte ich bei vielen Modellen direkt den Drang etwas zu verändern und auf meine Bedürfnisse zuzuschneiden.
Hier zeigt die TONEX-Software ihre Stärken: Virtuelle Mikrofonierung mit zwei Mics gleichzeitig – wählbar sind Klassiker wie Shure SM57, Großmembran-Kondensator und Bändchenmikrofon. Die Positionierung erfolgt flexibel und erlaubt es, die Werksounds gezielt zu verfeinern oder neu aufzubauen.
ToneNET: Community-Plattform mit unzähligen User-Presets

Ein entscheidender Pluspunkt ist das ToneNET, die Community-Plattform vin IK Multimedia für Tone-Modelle. Hier lassen sich zahllose Captures anderer User herunterladen. Ich habe darunter einige hervorragende Engl-, Orange-, Marshall- oder Rectifier-Captures gefunden, die mittlerweile fest in meinem Recording-Setup integriert sind. In der Praxis haben sich viele Modelle, die ich im ToneNET gefunden habe, oft als qualitativ hochwertiger erwiesen als viele der Werkpresets.
Zwar bietet die Standard-TONEX-Software eine optisch ansprechende Darstellung der Amps, leidet aber an einer teilweise umständlichen Navigation. Modelle müssen zwingend als Preset abgespeichert werden, bevor sie aufs Pedal übertragen werden können. Zudem hatte ich in der Vergangenheit nach Firmware-Updates des Öfteren Probleme mit der Geräteerkennung. Ein stabiler Workaround besteht darin, regelmäßig Treiber zu prüfen oder das Pedal direkt als Interface mit Kopfhörer-Out zu verwenden.
TONEX Editor Software
Deutlich angenehmer zeigt sich der TONEX Editor, der parallel mit der TONEX Software und Amplitube 5 installiert wird. Hier funktionieren Routing-Einstellungen unkompliziert, der Signalweg wird übersichtlich dargestellt, und es lassen sich einige grundlegende Effekte wie Delay, Reverb, Modulation, Rotary oder zusätzliche Verzerrer direkt an den Pedal-Presets einstellen und synchronisieren. Zwar bietet IK Multimedia nicht die Effektfülle eines Helix oder Kemper, für Homestudio und Proberaum reicht die Auswahl aber vollkommen aus.

TONEX Pedal in der Praxis
Im Pedalboard-Setup ist zu beachten, dass das TONEX keinen Effektweg bietet. Externe Pedale müssen also vor dem Amp-Modell platziert werden. Für Boosts, Wahs oder Oktaver funktioniert das problemlos, bei Modulationseffekten wie Chorus oder Phaser ist die Integration dagegen eingeschränkt. Wer Effekte nach der Amp-Simulation nutzen möchte, kann dies ausschließlich über die internen TONEX-Effekte in der Hauptsoftware oder im Editor umsetzen.
Wie gut frisst das TONEX Pedal externe Effekte?
Ich arbeite meistens mit externen Drive-Boosts und mit einem Wah-Pedal, das ich vor das TONEX Pedal schalte. Transparente Drives wie mein Nux Horseman oder der Boss Blues Driver harmonieren mit vielen meiner Lieblingsamps wunderbar. Auch für Lead-Boosts nutze ich gerne mein Boss DS-2 Turbo Distortion oder meine „raue Ratte“.
Schnell fällt auf, dass das Gain-Verhalten sehr empfindlich ist. Bewegt man sich mittels Gain-Regler zu weit weg vom gecapturtet Zerrgrad des Verstärkermodells, so klingt das Modell schnell unnatürlich. Es empfiehlt sich daher, vorsichtig mit der Gain-Einstellung direkt am Amp zu hantieren und eher externe Boosts/Drives oder virtuelle Software-Pedale in den Signalweg bzw. im Preset einzubauen.

Wer auf Nummer sicher gehen möchte, der baut sich in der TONEX Editor-Software seine Amp- und Effektketten zusammen. Zwar ist die Effektauswahl und die Routing-Möglichkeiten im Vergleich mit der Konkurrenz nicht so groß, jedoch lassen sich mit der vorhandenen Auswahl an Reverb-, Delay- und Modulationsklassikern bereits spannende Sounds aus dem Pedal holen. Wer den vollen Umfang an Freiheit beim Gestalten seines digitalen Rigs haben möchte, findet in AmpliTube 5 das optimale Werkzeug.
Hinweis zu AmpliTube 5
Während AmpliTube 5 und die TONEX Software eng miteinander verzahnt sind, arbeitet das ToneX Pedal ausschließlich mit TONEX Software und Editor zusammen. Das bedeutet: Die eigentlichen Tone Models lassen sich problemlos zwischen Pedal, Software und AmpliTube austauschen, komplette AmpliTube-Presets hingegen sind nicht kompatibel. Da AmpliTube weitaus komplexere Rigs mit mehreren Amps, Cabs und Effekten erlaubt, lassen sich diese Setups nicht 1:1 auf das Pedal übertragen. Für die Arbeit mit dem Pedal müssen Presets daher direkt in der TONEX Software oder im Editor erstellt und angepasst werden!
TONEX Pedal im Live-Einsatz mit der aktiven TONEX Cab
In der Praxis erweist sich das TONEX als vielseitiges Werkzeug: Zum Recording via Interface, als Kopfhörer-Übungsamp oder als zentrales Live-Rig. Besonders die Kombination aus Software-Bearbeitung und User-Modellen über ToneNET erweitert die klangliche Palette enorm. Wer hauptsächlich eine Live-Lösung sucht, der kann das TONEX Pedal in Kombination mit einer aktiven Cabinet nutzen. Passend dazu bietet IK Multimedia die TONEX Cab an, die optimal auf den Einsatz mit dem TONEX Pedal zugeschnitten ist. Mit Features wie einer einstellbarer Resonanz für ein echtes „Amp-in-the-Room“-Feel oder dem zusätzlichen 3-Band-EQ lässt sich der Sound zusätzlich feinjustieren und auf die individuellen Bedürfnisse zuschneiden.
Fazit:
Volles Hard- und Software-Rundumpaket mit großer User-Bibliothek
Das IK Multimedia TONEX Pedal erweist sich im Test als kompaktes und leistungsfähiges Werkzeug für Gitarristen und Bassisten, die nach einem verhältnismäßig günstigen Amp-Modeler suchen, aber nicht gleich im hohen dreistelligen oder gar vierstelligen Preisbereich landen möchten. Besonders überzeugend sind die klangliche Vielfalt, die große Preset-Auswahl und die Möglichkeit, auf bis zu 150 Speicherplätze für Presets zuzugreifen. Dank des robusten Gehäuses und der einfachen Bedienung eignet sich das Pedal sowohl fürs Homestudio als auch für den Live-Einsatz.
Ein echtes Highlight ist das ToneNET, über das man Zugriff auf unzählige User-Captures bekommt, die den klanglichen Horizont enorm erweitern und in vielen Fällen qualitativ sogar über den Werkspresets liegen. Auch der TONEX Editor punktet mit klarer Übersicht und soliden Effektmöglichkeiten, während die Option, das Pedal als Interface oder Kopfhörer-Amp zu nutzen, den praktischen Wert deutlich steigert.
Interessante Modeling-Kiste mit Abstrichen
Allerdings muss man auch einige Einschränkungen in Kauf nehmen: So fehlt ein Effektschleifweg, wodurch externe Modulationseffekte nur eingeschränkt eingebunden werden können. Auch die Werk-Cabs klingen nicht immer optimal und erfordern oft Nachbearbeitung in der Software. Die Standard-TONEX-Software wirkt zudem teilweise umständlich, und nach Firmware-Updates kam es bei mir gelegentlich zu Problemen bei der Geräteerkennung. Hinzu kommt das einfache Segment-Display, das zwar funktional ist, aber nicht den Komfort moderner grafischer Display-Interfaces bietet. Zudem reagiert das Gain-Verhalten empfindlich, wenn man sich zu stark vom originalen Capture entfernt.
Unterm Strich liefert das TONEX Pedal dennoch ein starkes Gesamtpaket. Es kombiniert hervorragende Soundqualität mit einer großen Community-Bibliothek und bleibt preislich deutlich attraktiver als viele Konkurrenzprodukte. Wer mit den genannten Einschränkungen leben kann, erhält mit dem TONEX Pedal ein vielseitiges Modeling-Pedal, das sowohl im Studio als auch auf der Bühne überzeugt.
Pro
- Bis zu 150 Speicherplätze für Presets
- ToneNET mit riesiger Community-Bibliothek
- Direkte Nutzung als Audio-Interface möglich
- TONEX Software MAX, TONEX Editor und Amplitube 5 im Lieferumfang enthalten
- Ausfürhliche Bearbeitung von Amps und Cabs in Software möglich
Contra
- Kein Effektschleifweg
- Werk-Cabs teils mit extremen Resonanzen
- Umständliche Navigation in der Standard-TONEX-Software
- Gain-Verhalten empfindlich bei größeren Abweichungen vom Original-Capture