Von Mike Dirnt bis Mark Hoppus: So bekommst du den ultimative Punk-Bass-Sound!
Wer den Punkrock-Sound der 90er-Jahre und den Pop-Punk-Sound der frühen 2000er liebt, weiß, dass der E-Bass viel mehr als bloß Begleitung ist. Das Fundament in jedem Bandmix stellt der E-Bass, und mich persönlich hat der Sound von Bands wie Blink-182, Green Day, The Offspring oder Sum 41 von Anfang an begeistert. Der knurrende Klang in den Tiefen, der trotz präsenter E-Gitarren mit genügend Durchsetzungskraft für einen unvergleichlichen Charakter sorgt, ist jedes Mal erneut ein Ohrenschmaus für mich!
Mein E-Bass klang anfangs oft matschig, verschwand zwischen den Gitarren oder kollidierte mit der Bass Drum. Der typische Fehler: zu viel Bass sorgt für zu wenig Definition. Dabei liegt das Geheimnis im richtigen Verhältnis von Tiefen, Mitten und einer gesunden Höhenpräsenz sowie im bewussten Umgang mit Equipment, EQ und dem Instrument selbst.
Wir schauen uns gemeinsam an, wie dieser Sound funktioniert, woraus er besteht und wie man ihn leicht nachbauen kann. Dafür vergleichen wir Equipment und Instrumente der beiden Bassisten Mike Dirnt (Green Day) und Mark Hoppus (Blink-182), um das ultimative Rezept für deinen knackigen Pop-Punk-Bass-Sound zu kreieren!
Warum ein präsenter E-Bass im Punkrock/Pop-Punk so wichtig ist
Punkrock und das Subgenre des Pop-Punk leben vor allem von reichlich Energie. Schnelle Powerchords, treibende Drums, einfache, aber catchy Hooks und ein E-Bass, der alles zusammenhält.
Während die Gitarren oft in den oberen Mitten um 1–3 kHz glänzen und die Drums ihren tiefsten Punch zwischen 40 und 100 Hz entfalten, muss der Bass beides verbinden und als gesamtes Fundament zwischen Schlagzeug, Gitarren und Gesang dienen.
Er ist quasi das Bindeglied zwischen Rhythmus und Harmonie, wodurch Akkorde und Melodien von Grundtönen und rhythmischen Anschlägen getragen werden. Gleichzeitig ist das Zusammenspiel zwischen Bass und Schlagzeug ebenso wichtig, um Groove und Charakter in das Arrangement zu bekommen.
Der Sound von Mike Dirnt
Druck, Präzision und Vintage-Ton
Mike Dirnt ist ein Paradebeispiel für klassischen Punk-Bass mit knackiger Pick-Attacke. Sein Sound ist nicht besonders „fett“ im modernen Sinn, sondern vor allem durchsetzungsfähig und definiert. Jeder Ton schneidet durch den Mix, ohne die Gitarre zu verdecken – was besonders auf Alben wie Dookie oder American Idiot von Produzent Rob Cavallo perfekt umgesetzt wurde. Selbstverständlich haben Produzenten und Equipment-Techs im Studio- und Live-Einsatz ihre Tricks und Kniffe, die wir uns im Folgenden genauer anschauen wollen!
Mike Dirnt setzt seit Jahrzehnten auf seinen modifizierten Fender Precision Bass, heute erhältlich als Mike Dirnt Signature Precision Bass. Der klassische Split-Coil-Pickup ist die erste Zutat, die für den typischen Klangcharakter nötig ist. Alternativ funktionieren günstige P-Bässe, wie beispielsweise der Squier Sonic P-Bass, genau so hervoragend, ohne dass du direkt tief in die Tasche greifen musst!

Für American Idiot nutzte er hauptsächlich einen Ampeg SVT, einen Röhren-Bassverstärker aus den späten 60ern und frühen 70ern. In Verbindung mit einem Fender Bassman Pro 300W Tube Head und 4×12“-Mesa-Lautsprecherboxen entsteht jener gewaltige, aber stets kontrollierte Sound, den Dirnt als „solid, big, thunderous“ bezeichnete. Er selbst sagte einmal, dass er für das Album „nicht auf Melodien, sondern auf Wucht“ gesetzt habe. Genau das hört man in jeder Nuance: Der Bass ist präsent, satt und warm, aber niemals überladen.
Der Sound von Mark Hoppus
Mittenstark, modern, unverkennbar
Während Mike Dirnt für pure Oldschool-Energie steht, verkörpert Mark Hoppus den modernen Pop-Punk-Klang. Sein Bass-Sound ist direkter, knurriger und besitzt einen klaren Hochmittenfokus, der ihn in Tom DeLonges dichten Gitarrenwänden durchsetzungsfähig macht. Er setzt seit der letzten Blink-182-Tour gerne auf den klassischen Fender Jaguar Bass oder auf den Fender Precision Bass mit einem einzigen Split-Coil-Humbucker.

Sein bevorzugter Amp ist seit jeher der Ampeg SVT-CL Classic, wobei er später auf den New Vintage Amplifiers Undertow 300 umstieg. Des Weiteren kommen Pedale wie das MXR M80 Bass DI+ zum Einsatz, das als Preamp und Zerrpedal fungiert. Es verleiht dem Signal mehr Aggressivität und Präsenz, was besonders im Mix mit verzerrten Gitarren wunderbar harmoniert.
Auf späteren Aufnahmen, wie etwa auf dem Album Neighborhoods (2011), kam zusätzlich der Electro Harmonix Bass Micro Synth zum Einsatz, der jedoch vereinzelt genutzt wurde und nicht relevant für seinen klassischen Pop-Punk-Bass-Sound ist.
Mark Hoppus verfolgt dabei ein ähnliches Ziel wie Mike Dirnt: Der E-Bass soll klar, rhythmisch und melodisch funktionieren – erreicht dies mit ähnlichen Mitteln und einem Hauch mehr Pop-Appeal. Im Vergleich zu Mike Dirnt setzt Mark Hoppus nämlich auf ein noch präsenteres Bass-Spiel, das häufig aus komplexen Riffs oder Solo-Passagen besteht.
Pop-Punk-Bass-Sound nachbauen
Analog oder digital?
Natürlich kann man sich das Originalequipment dieser Basslegenden kaufen, aber das geht schnell ins Geld, wenn man unbedingt auf die alten Vintage-Röhren setzt.
Wer trotzdem nah an den Sound herankommen möchte, kann mit Preamps, DI-Lösungen oder Modeling-Systemen erstaunlich authentische Ergebnisse erzielen.
1. Preamps und DIs

Für klassischen Ampeg-Sound bietet sich der Ampeg SCR-DI an, der mit echter Röhrencharakteristik und authentischem EQ punktet. Dies ist wohl die günstigste Lösung, um den originalen Ampeg-Sound der beiden Bassisten zu erreichen.
Ein Dauerbrenner ist der Tech 21 SansAmp Bass Driver DI V2, der den typischen Rockbass-Sound seit Jahrzehnten prägt und bei unzähligen Bassistinnen und Bassisten im Setup zu finden ist.
Mein Tipp: Wer es günstig mag, greift zum Behringer BDI21 V-Tone Bass Driver DI. Das Pedal ist ein preiswerter, aber erstaunlich effektiver SansAmp-Klon, der zwar nicht alle Funktionen des Originals abdeckt, aber einen satten Bass-Sound liefern kann. Ich fahre immer gut, wenn ich den Bass-Regler auf ca. 11 Uhr stelle, den Treble-Regler auf 13 Uhr und den Presence-Regler gut dreiviertel auf 15 Uhr aufgedreht habe. Für etwas Sättigung drehe ich den Drive-Regler fast vollständig auf und jongliere mit dem Mix-Regler zwischen 12 und 15 Uhr. Damit bekomme ich in Kombination mit meinem P-Bass eine solide Basis, mit der ich grundsätzlich einen satten Bass-Sound bekomme!
2. Modeling & Amp-Simulationen
Digitale Tools wie der Line 6 HX Stomp, Neural DSP Quad Cortex, IK Multimedia TONEX Pedal Bass Edition oder Software wie Amplitube liefern hervorragende Emulationen klassischer Ampeg- oder Fender-Amps. Besonders bei Homerecordings lassen sich so präzise Einstellungen speichern und konsistent abrufen.

EQ-Tipps für den perfekten Bass-Mix

Der Bass ist das Rückgrat eines jeden Songs – aber nur, wenn er sich im Frequenzspektrum richtig einfügt. Die folgenden EQ-Regeln helfen, den Sound in jeder Mischung durchsetzungsfähig zu machen: Besitzt du ein EQ-Pedal für E-Bass oder nutzt ein Equalizer-Plugin in einer DAW für deine Bass-Aufnahmen? Die Frequenzbänder eines Bass-EQ-Pedals decken meistens die Frequenzpunkte ab, die für den E-Bass am relevantesten sind.
Der Boss GEB-7 Bass Equalizer deckt beispielsweise sieben Frequenzpunkte ab, die angehoben oder abgesenkt werden können. Diese Richtwerte im Frequenzbild sollte man kennen:
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Bassbereich (60 bis 100 Hz):
Dieser Bereich ist entscheidend für Wärme und „Fettigkeit“. Zu stark betont, verdeckt er die Kickdrum – zu schwach, wirkt der Sound dünn. Ein leichter Boost in diesem Bereich mit dünnem Peak liefert den nötigen Punch über der Bassdrum. -
Tiefe Mitten (100 bis 500 Hz):
Hier kann schnell der unsaubere „Schmutz“ entstehen. Eine dezente Absenkung bringt Klarheit im Mix und schafft ggf. Platz für die Gitarren. -
Mitten (800 bis 1 kHz):
Hier wohnt der Punch! Leicht anheben, um Anschläge und Präsenz hervorzuheben. -
Hohe Mitten (1,6 bis 3 kHz):
Dieser Bereich definiert das Attack – perfekt für den Pick-Sound à la Hoppus oder Dirnt. Jedoch sollte dieser Bereich sehr vorsichtig und möglichst dezent angehoben werden, um Fiepen oder unsaubere Störgeräusche nicht zu verstärken. -
Höhen (>3 kHz):
Hier schimmern die Obertöne. Ideal, um Slaps oder Plektrumanschläge hervorzuheben. Auch im höchsten Frequenzbereich sollte sehr vorsichtig hantiert werden. Gerade in diesem Bereich können Störgeräusche wie Rückkopplungen oder Pedalbrummen hörbar verstärkt werden, weshalb hier ebenfalls sehr sparsam hantiert werden sollte!

Achtung: Selbstverständlich ist jedes Audiomaterial unterschiedlich, weshalb diese Tipps nicht unbedingt auf jeden Sound passen. Nutze diese Vorschläge als Orientierung, um deinen individuellen Klang auf deine Bedürnisse zuzuschneiden!
Spielweise und Dynamik
Egal, wie gut das Equipment ist: Der größte Unterschied entsteht durch die Spielweise. Hauptsächlich wird mit einem Plektrum nah an der Bridge gespielt, wodurch der typisch knackige Attack-Anschlag entsteht.
Zudem spielt die Dynamik eine entscheidende Rolle. Zu viel Kompression kann den Charakter zerstören. Besser sind moderate Einstellungen, die die Peaks zügelt, aber die natürliche Bewegung erhält.
Fazit – Der perfekte Pop-Punk-Bass lebt vom Charakter
Der ultimative Pop-Punk-Bass-Sound ist kein Hexenwerk, sondern eine Kombination aus präziser Klangformung, einer extrovertierten Technik und dem individuellen Geschmack.
Ob man sich am wuchtigen Druck eines Mike Dirnt oder am modernen Pop-Punk-Sound eines Mark Hoppus orientiert – entscheidend ist, dass der Bass im Mix lebt. Er darf knurren, er darf schieben, er darf Ecken haben – Hauptsache, er trägt die Songs! Und wenn du bei der nächsten Bandprobe oder AUfnahme-Session merkst, dass alles endlich zusammenpasst, dann weißt du: Du bist auf dem richtigen Weg!
Titelbild: Fender