Egal, ob Profi auf Welttournee, ambitionierter Bedroom-Shredder oder „Nur-so-nebenbei“-Gitarrist: Üben müssen wir alle. Manche sitzen hierfür abends mit Kopfhörer auf dem Sofa, andere feilen im Proberaum am Livesound, wieder andere kämpfen sich durch VST-Plugins und IRs im Homestudio. Das richtige Setup entscheidet darüber, wie inspirierend, produktiv und effizient die Session wird. In diesem Guide werfen wir einen Blick auf drei typische Szenarien und zeigen, welche Übungs-Setups für Gitarre die verschiedenen Einsatzbereiche von smart und kompakt bis umfangreich und professionell am besten abdecken.
„Bedroom Practice“ – leise, flexibel, maximal inspirierend
Die meisten Gitarristinnen und Gitarristen üben klassischerweise zu Hause. Dank moderner Digitaltechnologie geht das auch problemlos zu Zeiten, in denen Nachbarn oder Mitbewohner schlafen. Das Ziel ist also guter Sound bei minimaler Lautstärke.
Setup A: Kopfhörer + Modeling-Amp / Floorboard
Die mit Abstand beste Möglichkeit dürfte wohl das Spiel mit einem Digital-Modeler sein. Im Gegensatz zu großen Verstärkern mit Röhren oder Transistorendstufe eignen sich Modeler perfekt für kleine Räume mit wenig Raum für Equipment. Darüber hinaus sind sie aufgrund ihrer hervorragenden Klangqualität selbst für Fortgeschrittene und Profis eine adäquate Lösung.

Benötigte Komponenten
- Modeling-Amp oder Floorboard (z. B. Yamaha THR, Fame URM-1000, Boss Katana)
- Gute Kopfhörer (Studio- oder offene Kopfhörer für natürliche Räumlichkeit)
Vorteile
Modeling-Amps bieten nahezu alle Sounds von Clean über Crunch bis High-Gain und haben meist umfangreiche Effektsektionen. Gerade Einsteiger können hier also viel lernen und ausprobieren. Außerdem stehen oft Drums und Looper zur Verfügung, mit denen sich ideal Timing und Improvisation üben lassen.
Pro-Tipp
Nutze Play-Along-Tracks oder Backing-Tracks über Bluetooth oder AUX. Üben macht mehr Spaß, wenn man „im Song“ spielt und nicht allein vor dem Metronom sitzt.

Setup B: Home Recording mit Laptop/PC + Audio-Interface

Setup B richtet sich speziell an Spieler, die bereits einen guten PC besitzen (ja, gerade PC-Gamer dürfen sich hier angesprochen fühlen 😉). Ein USB-Interface und eine geeignete DAW (Digital Audio Workstation) machen jeden PC und jeden Mac mit angemessener Leistung schnell zum perfekten Environment für umfangreiche Practice-Sessions und professionelles Recording. Dieses Setup eignet sich also ideal, wenn man gleichzeitig spielen und aufnehmen möchte.
Benötigt
- PC oder Mac
- USB-Audio-Interface (Focusrite, Steinberg, Universal Audio etc.)
- DAW (Reaper, GarageBand, Ableton, Logic, Cubase …)
- Amp- und FX-Plugins (Amplitube, Neural DSP, Helix Native)
- Kopfhörer oder Lautsprecherboxen (Monitore)
Vorteile
- Fantastischer Sound in Kopfhörern
- Aufnehmen, analysieren und Fehler erkennen
- Üben mit Metronom und zusätzlichen Audio-Spuren (z. B. Backing Tracks)

Warum das Setup produktiver macht
Die Integration in eine DAW eröffnet umfangreiche Möglichkeiten und bildet einen nahtlosen Übergang zum Home-Studio. Das Setup jederzeit quasi per Knopfdruck ‚ready to record‘ ist. Wer sich aufnimmt, hört später exakt, wo Timing oder Dynamik noch wackelt. Das kann zwar ziemlich brutales Feedback sein – aber immer ehrlich und extrem effektiv.

„Gitarre on Tour“ – Lösungen für Unterwegs
Manche üben weniger zu Hause, da sie viel reisen oder gerne draußen unterwegs sind. Hier liegt das Augenmerk auf einem möglichst kompakten System, das sowohl ins Handgepäck passen als auch fernab jeglicher Steckdose funktionieren soll.
Setup A: Kopfhörerverstärker

Die wohl platzsparendste Lösung ist der sogenannte Kopfhörerverstärker. Er ist meist nicht größer als eine Kreditkarte und wird einfach in die Ausgangsbuchse der E-Gitarre gesteckt. In Kombination mit einem guten Kopfhörer kriegt man hier also maximalen Sound bei minimalem Reisegepäck.
Benötigte Komponenten
- Kopfhörerverstärker (Vox amPlug 2, Fender Mustang Micro, Nux Mighty Plug)
- Kopfhörer (Überkopfhörer oder Earplugs, je nach Umgebung)
Vorteile
Kopfhörerverstärker sind super für unterwegs, da sie meist ins Zubehörfach vom Gigbag passen. Die Größe sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich hier oft professionelle Amp-Simulationen auf allerkleinstem Raum befinden. Wer ein perfektes Reise-Setup möchte, kombiniert es am besten mit einer Reisegitarre wie der Höfner Shorty oder den Modellen von Traveler Guitars.

Setup B: Floorboard mit integriertem Akku
Wer ein wenig mehr Möglichkeiten braucht als der Kopfhörerverstärker bieten kann, kann auch auf ein kompaktes Modeling-Floorboard mit integriertem Akku für Unterwegs zurückgreifen. Für das Floorboard muss man zwar ein wenig mehr Stauraum einplanen, hat dafür aber die Möglichkeit, jederzeit per Fuß Effekte zu aktivieren oder Looper-Spuren zu steuern.
Benötigte Komponenten
- Floorboard mit integriertem Akku (z. B. Fame URM-1000, Mooer GE1000Li)
- zusätzliche Peripherie (z. B. MIDI-Controller, Mini-Expression)

Vorteile
Das Floorboard mit Akku ist zwar perfekt, um auch Unterwegs zu üben und spieltechnisch nicht einzurosten. Dabei kann es aber sogar weit mehr. Wer das Setup mit einer kompakten Lautsprecherbox kombiniert, kann spontane Outdoor-Gigs spielen. In Kombination mit einem entsprechenden Adapter für’s Smartphone lässt sich der Sound des Modelers sogar in erstaunlich professionell klingenden aufnahmen festhalten.

Band & Bühne – professionelle Lösungen
Wenn du sowieso die meiste Zeit zwischen Bandraum und Stage verbringst und das Üben bei dir nahtlos ins gemeinsame Songwriting mit den Bandkollegen übergeht, kannst du natürlich weitaus umfangreichere Setups fahren. Vor allem dann, wenn du bereits über bühnentaugliches Equipment verfügst und deinen Sound auch beim Üben nicht vermissen möchtest, gibt es ein paar besonders praktische Lösungen.
Setup A: Modeling-Amp direkt ins PA-System

PA-Anlagen in Proberäumen und Veranstaltungsorten bieten die ideale Gelegenheit zu üben. Vor allem dann, wenn man zwar ein wenig Luft im Raum bewegen möchte, den lauten Röhrenverstärker aber nicht weit aufreißen kann oder will. Also warum nicht einfach nutzen, was da ist? Gerade Modeler sind hier in der Regel die Plug-and-Play-Lösung, die schnell ans Mischpult angeklemmt sind und auf allen Lautstärke-Levels hervorragende Sounds erzeugen.
Benötigte Komponenten
- PA-System (Anlage und Mischpult mit geeigneten Anschlüssen)
- Modeling-Amp / Floorboard (Boss Katana, Line 6 Helix, Kemper, Quad Cortex)
Vorteile
Neben dem reinen Aspekt des Übens kann eine solche Lösung auch für Proben auf Zimmerlautstärke, zum Songwriting oder zum Basteln an Sounds und Presets genutzt werden. Immerhin können dir deine Bandkolleginnen und Kollegen beim Spielen quasi ‚über die Schulter hören‘ und Feedback zu deinem Raumsound geben.

Setup B: Röhrenverstärker plus Loadbox
Die zweite Lösung für die Profis ist vor allem für diejenigen unter uns interessant, die bereits einen teuren Boutique-Verstärker haben und auch beim Üben nicht auf ihren Signature-Sound verzichten möchten. Hier kommen sogenannte Loadboxen mit integriertem Lastwiderstand ins Spiel, die die enorme Leistung einer aufgerissenen Endstufe abfangen und den Verstärkersound auch für Kopfhörer nutzbar machen.
Benötigte Komponenten
- Guter Röhrenverstärker
- Loadbox (z. B. Universal Audio Ox Box, Two Notes Torpedo Live)
- Falls gewünscht: Eigene oder Drittanbieter-IRs

Vorteile
Loadboxen sind vom Konzept her eigentlich der Traum für jeden Gitarristen, der im Besitz einer klassischen Abrissbirne mit Endstufenleistungen von 100 Watt und mehr ist. Denn wer seinen Amp sonst nur sehr eingeschränkt außerhalb der Mittags- und Nachtruhe und nach Absprache mit seinen Nachbarn anmachen darf, kann ihn mithilfe einer Loadbox rund um die Uhr problemlos per Kopfhörer spielen. Allerdings steht und fällt der richtige Sound mit der Wahl der passenden Impulsantwort. Hier lohnt es sich also, auch bei Drittanbieter-IRs ein wenig durchzuhören, bis man seinen Sound gefunden hat.

Fazit
Es ist schon wirklich der Hammer, was es heutzutage so alles für Möglichkeiten gibt. Für Unterwegs sind Kopfhörerverstärker und akkubetriebene Floorboards sicherlich die beste Lösung. Zwischen Wohn- und Schlafzimmer kann hingegen ein USB-Audio-Interface sogar den Startpunkt für ein smartes Home-Recording-Setup darstellen. Von hier aus geht es nahtlos in den Profi-Bereich, wo Röhrenverstärker auf zimmertaugliche Lautstärken gebändigt werden können. Für jeden Einsatzbereich gibt es also das passende Setup. Einziger Nachteil: Wer nicht übt, hat es heute um so schwerer, eine Ausrede zu finden 😉
