Achtung: Der Hahnenkampf beginnt!
Electro Harmonix ist bekannt für innovative Effektpedale, die immer wieder Maßstäbe setzten und den Effektpedal-Markt seit Veröffentlichung des legendären Big Muff Ende der 1960er-Jahre maßgeblich prägten. Das Cock Fight Pedal ist, wie das Big Muff, genau solch ein rauer Konsorte, der nicht nur wunderbar dreckig klingen kann, sondern mit spannenden Funktionen ausgestattet ist, die man sich definitiv näher anschauen sollte! Als vielseitiges Wah- und Fuzz-Pedal, das speziell für Cocked-Wah- und Talkbox-ähnliche Sounds entwickelt wurde, kombiniert es einen feststehenden Wah-Filter mit einem Fuzz-Effekt und erlaubt damit eine Vielzahl an funky, nasalen oder aggressiv-sägenden Klangfarben, was regelrecht zum Experimentieren einlädt.

Für diejenigen, die die volle Kontrolle über ihr Frequenzbild haben möchten, veröffentlichte Electro Harmonix das Cock Fight Plus als Erweiterung zum Original, das nicht im quadratischen Effektpedalgehäuse kommt, sondern als klassischer Wah-Pedal-Fußschalter mit Zahnstangen-Antrieb konzipiert wurde.
Selbstverständlich stellt sich die Frage, ob der eigentliche Zweck des Cock Fight, also eine feststehende Wah-Filter-Position zu nutzen, durch das Cock Fight Plus mit integriertem Fußschalter zunichte gemacht wird. Wie das Cock Fight Plus funktioniert, wie es am besten in das eigene Setup integriert werden kann und für wen sich das exotische Wah-Pedal wirklich lohnt, erfahrt ihr in diesem Test!

Kurz erklärt: „Cocked Wah“
Die „Cocked Wah“-Einstellung bezeichnet einen fixierten Wah-Wah-Effekt, bei dem das Wah-Pedal in einer bestimmten Position „eingefroren“ bleibt, anstatt dynamisch bewegt zu werden. Also so, als würdest du ein Wah-Pedal auf halbem Weg gedrückt lassen.
Ein Wah-Pedal betont abhängig von seiner Pedalposition bestimmte Frequenzbereiche. Wenn du das Pedal in einer bestimmten Stellung belässt (z. B. halb gedrückt), entsteht ein charakteristischer, mittig fokussierter und leicht nasal klingender Ton. Quasi wie ein Filter-Sweep, der in einer bestimmten Frequenz „stehen bleibt“. Genau das nennt man „Cocked Wah“.
Das sind die Features des Cock Fight Plus:

Wie das herkömmliche Cock Fight Pedal ist auch das Cock Fight Plus mit selbigen Funktionen ausgestattet: Die Regler finden auf beiden Seiten des Fußschalter-Gehäuses Platz und erlauben bei Bedarf schnelle Anpassungen am Sound. Zum einen liegen auf der linken Seite Regler für Volume zur Lautstärkenregulierung, während der Bottom-Regler die trockenen tiefen Frequenzen mit in das Signal mischen kann.
Mit dem Kippschalter für Cry/Talk lässt sich der Wah-Modus einstellen, sprich entweder wählt man mit der Cry-Einstellung ein klassisches Wah-Pedal an, während die Talk-Einstellung vokalartige Formanten wie bei einer Talkbox (ähnlich einem sprechenden Sound) liefert.
Der zweite Kippschalter bietet die Möglichkeit, den Fuzz-Effekt entweder vor oder nach dem Wah-Effekt zu positionieren – in mittlerer Position „X“ ist der Fuzz-Effekt deaktiviert.

Zum anderen finden sich auf der rechten Seite des Pedals drei Regler für Tone, Bias und Drive, womit der Fuzz-Effekt angepasst werden kann.
Interessant ist hier der Bias-Regler, mit dem sich der Effekt einer sterbenden Batterie simulieren lässt und womit das Fuzz bei absinkender Lautstärke an Saft verliert und je nach Reglerposition abrupt abbricht.
Features im Test
Meine Motivation, das Cock Fight Plus genauer unter die Lupe zu nehmen, waren nicht nur die interessanten Features, sondern ich suchte in erster Linie nach einer spannenderen Alternative für mein altbewährtes Cry Baby, welches nach über einem Jahrzehnt auf meinem Pedalboard eine Pause verdient hat. Gesagt, getan: Ich habe das Cock Fight Plus am Anfang meiner Effektkette auf mein Pedalboard gepackt und das Ganze durch einen ENGL Gigmaster 30 Röhren-Amp mit 1×12“-Box gefeuert. Interessant war hierbei, wie organisch sich der Fuzz-Effekt mit meiner Endstufe kombinieren lässt und wie gut sich das Pedal mit Clean-, Crunch- und High-Gain-Settings verhält.
Cry & Talk
Werfen wir jedoch zuallererst einen Blick auf die beiden Hauptmodi „Cry“ und „Talk“: Der Cry-Modus ist – wie unschwer vermuten lässt – ein klassischer Wah-Filter, der sich entsprechend mit dem Fußpedal beeinflussen lässt. Im Vergleich zum Cry Baby ist der Wah-Effekt des Cock Fight Plus deutlich seichter, erfüllt aber im Grunde alle Bedürfnisse, die man von einem Wah-Effekt erwartet. Ich hatte das Gefühl, dass sich der Cry-Modus etwas organischer mit meiner Endstufenzerre verhält, gerade wenn ich diese mit einem separaten Overdrive angepustet habe.
Talk, Talk, Talk!
Der Talk-Modus lässt sich kurz und knapp in zwei Wörtern zusammenfassen: Spaß pur! Der Talkbox-artige Effekt lässt sich per Fußschalter verändern, wodurch die Gitarre wortwörtlich anfängt zu sprechen. Auch wenn ich mich stundenlang mit diesem Effekt beschäftigen kann, ist er jedoch nicht mehr als eine nette Spielerei für zwischendurch. Wer auf den Talkbox-Sound steht, hat hiermit natürlich eine tolle Vorlage, um exotische Riffs mit vokalem „Sprechcharakter“ in sein Gitarrenspiel einzubauen!
Die spannendste Frage: Lässt sich ein feststehender „Cocked Wah“-Effekt mit dem Cock Fight Plus erzielen?
Das originale Cock Fight hat im Vergleich zur Plus-Version einen Frequency-Regler, mit dem sich die feststehende Wah-Frequenz einstellen lässt. Dieser fehlt selbstverständlich beim Cock Fight Plus, da die Frequenz mit dem Fußpedal verändert wird. Um den „Cocked Wah“-Effekt erzielen zu können, muss das Pedal nun auf einer Position feststehen und siehe da: Das Pedal lässt sich tatsächlich mit etwas Feingefühl „feststellen“, ohne dass es beim Loslassen direkt herunterfällt, was beim Cry Baby aufgrund des schweren Gehäuses nicht in diesem Maße möglich ist.
Das schließt zwar darauf, dass das Cock Fight Plus vielleicht nicht mit einem solch robusten Gehäuse ausgestattet wurde wie das Cry Baby – jedoch macht das untere Gehäuseteil generell einen robusten Eindruck. Lediglich die Fußablage wirkt deutlich leichter als beim Cry Baby, wodurch das Pedal mit Feingefühl auf mittlerer Position „stehen“ bleiben kann.
So klingt der Fuzz-Effekt des Cock Fight Plus
Rauer Muff-Fuzz
Der Fuzz-Effekt macht das, was er soll: Er klingt rau, dreckig und glänzt im Muff-artigen Gewand! Jedoch habe ich schnell gemerkt, dass subtile Einstellungen definitiv ausreichen, gerade dann, wenn man schon mit einer starken Endstufenzerre hantiert. Je nach Setting hat sich der Bottom-Regler als extreme Bereicherung herausgestellt, um vom Effekt unberührte Tiefenfrequenzen zum Signal hinzuzumischen. Ich habe bei meinem Setup schnell eine gesunde Menge Low-End gefunden, womit sich allemal ein paar starke Sounds aus dem Pedal holen ließen, während der Tone-Regler auf der anderen Seite die Höhenfrequenzen des Fuzz-Effekts zuverlässig trimmen kann.
Im Clean-Channel mit vorgeschaltetem Cock Fight-Fuzz wird die Röhre ebenfalls gut angeheizt – hier sollte der Drive-Regler sehr sachte bedient werden, da das Pedal einiges an Gain liefern kann. Abhilfe schafft auch hier der Tone- und Bottom-Regler, womit sich die Höhen gezielt trimmen lassen, während der Bottom-Regler den Bassbereich des Gitarrensounds sauber andicken kann.
Der Bias-Regler: Kaputte Batterie für Lofi-artige Sounds
Der Bias-Regler ist eine gelungene Ergänzung, um den Fuzz-Sound noch dreckiger zu gestalten: Dieser beeinflusst die interne Stromversorgung der Fuzz-Schaltung und sorgt so für gezielt „kaputte“ Sounds. Dreht man den Regler zurück, wird der Fuzz-Schaltung weniger Spannung zugeführt – das Ergebnis sind sputternde, zerfaserte Velcro-Fuzz-Sounds, wie bei einer überalterten Batterie. Im Uhrzeigersinn eingestellt, klingt das Fuzz dichter und stabiler. Besonders in Verbindung mit dem Wah- oder Talk-Filter habe ich einige abgefahrene Sounds oder kratzige Leads erzeugen können, was perfekt für exotische Klangexperimente sein kann!
Effektreihenfolge des Cock Fight Plus: Pre- und Post-Fuzz
Fuzz → Wah (Pre Fuzz)
Bei dieser klassischen Reihenfolge wird das verzerrte Signal vom Wah beeinflusst, wodurch das Signal aggressiver, vokalartiger klingt. Der Wah-Filter reagiert auf die Obertöne des Fuzz, wodurch der Klang an typische Vintage-Fuzz-Wah-Sounds à la Hendrix erinnert. Je nach Intensität des Fuzz kann es kreischend, sägend oder durchsetzungsstark klingen. Der Wah-Effekt bleibt deutlich wahrnehmbar, auch bei hohen Gain-Settings.
➡ Ideal für expressive Soli, wenn das Wah sich tonal durch das Fuzz schneidet.
Wah → Fuzz (Post Fuzz)
In dieser Reihenfolge filtert das Wah das Signal zuerst, bevor die nachgeschaltete Verzerrung es stärker komprimiert und den Effekt zurückhaltender wirken lässt. Das Ergebnis ist ein wärmerer, leicht gedeckter Sound, der dennoch dynamisch auf das Spiel reagiert. Besonders geeignet ist diese Einstellung für subtile Cocked-Wah-Riffs oder fuzzy Rhythmus-Akkorde, da der Fuzz-Effekt deutlich zurückhaltender agiert.
➡ Perfekt für psychedelische Sounds, Shoegaze oder fette Riff-Texturen.
So klingt das Cock Fight Plus in der Proberaum- und Live-Praxis
Ich habe das Cock Fight sowohl im Proberaum als auch auf Live-Gigs mit meiner Punkrock-Band eingesetzt und bin nach wie vor überzeugt von der Vielfalt an Möglichkeiten. In meinem Spielstil nimmt der Wah-Effekt gelegentlich eine tragende Rolle ein, wenn es um straffe Power-Chords oder markante Riffs in Strophen oder Bridge-Passagen geht. Der Sound wirkt für mich durch den Wah-Effekt deutlich bewegter und lebendiger.
Anfangs habe ich beim Cock Fight Plus nicht am Fuzz-Effekt gespart und ihn mit ordentlich Drive im Post-Fuzz-Modus betrieben, jedoch schnell gemerkt, dass der reine Wah-Effekt, ohne Fuzz für meine Zwecke mit Band völlig ausreicht.
Zu aggressive Einstellungen am Pedal bekommt man schnell eingerichtet, aber wer das Beste aus dem Cock Fight Plus holen möchte, der sollte gezielte Einstellungen mit Bedacht wählen, um sowohl die tiefen als auch die hohen Frequenzen des durchsetzungsstarken Effekts sauber zu bändigen.
Das Cock Fight Plus funktioniert zwar wunderbar im Bandkontext mit Schlagzeug und Bass zusammen, jedoch bleibt das Pedal bei mir in erster Linie ein Homestudio-Tool, welches ich für Klangexperimente oder für Layering-Optionen meiner Gitarrenspuren einsetze. Dadurch lässt sich die eine oder andere Gitarrenaufnahme stark verfeinern!
Fazit: Vielseitiges Wah-Fuzz-Pedal für Experimentierfreudige
Mit dem Cock Fight Plus liefert Electro Harmonix ein ebenso ungewöhnliches, aber gleichzeitig spannendes Effektpedal, das sich gezielt an Experimentierfreudige richtet, die gerne abseits ausgetretener Pfade unterwegs sind. Die Kombination aus klassischem Wah, vokalartigem Talk-Filter und kräftigem Fuzz bietet von subtilen Cocked-Wah-Färbungen bis hin zu völlig abgedrehten Klangexperimenten eine große Bandbreite an klanglichen Ausdrucksmöglichkeiten. Gerade der Bias-Regler macht das Pedal besonders reizvoll für diejenigen, die gezielt mit kaputten, sputternden Fuzz-Klängen arbeiten möchten. Als großer Lofi-Soundtüftler kann ich das Cock Fight Plus auch an alle weiterempfehlen, die sich nicht unbedingt in Rock- und Heavy-Genres rumtreiben, sondern eher in der Ambient-, Shoegaze- oder Lofi-Szene heimisch sind und nach einem exotischen Gerät zum Experimentieren suchen.
Die Möglichkeit, den Fuzz-Effekt wahlweise vor oder nach dem Wah zu platzieren, erweitert das kreative Potenzial erheblich. In der Praxis zeigt sich: Der Fuzz kann druckvoll, roh und durchsetzungsfähig klingen, lässt sich aber auch ordentlich zügeln und harmonisch ins Setup einbinden – vor allem dank der beiden Regler für Tone und Bottom. Dass sich das Pedal trotz Wah-Mechanik tatsächlich für Cocked-Wah-Anwendungen eignet, ist kein Feature, welches bei jedem Gerät so funktionieren könnte wie ich es beschrieben habe. Wer das Pedal für den reinen Cocked-Wah-Effekt nutzen möchte, der sollte auf das herkömmliche Cock Fight zurückgreifen und nicht auf die „Plus“-Variante.
Für wen kann das Effektpedal interessant sein?
Kritisch anmerken lässt sich höchstens, dass die Vielzahl an Klangoptionen und Einstellmöglichkeiten nicht unbedingt ein direktes „Plug-and-Play“ bieten: Wer schnelle Ergebnisse sucht, braucht etwas Geduld beim Einstellen. Dafür wird man jedoch mit einem sehr individuellen Sound belohnt, der nicht nur gängige Wah- oder Fuzz-Standards bietet, sondern gerade in Kombination mit anderen Effektpedalen oder Amps für spannende Sounds sorgen kann.
Unterm Strich ist das Cock Fight Plus ein ideales Pedal für alle, die ein flexibles Tool für Wah-Filter, Fuzz-Zerre und abseitige Klangfarben suchen und dabei nicht vor kreativen Spielereien wie dem Talk-Box-Modus oder der Bias-Funktion zurückschrecken. Ob als Cocked-Wah für markante Riffs, als Talkbox-Ersatz für ausgefallene Soli oder als kaputter Fuzz-Effekt für experimentelle Klangteppiche: Dieses Pedal kann weit mehr als nur krähen!
Pro
- Vielseitiges Wah-Fuzz mit starken Features
- Tone- und Bottom-Regler bieten präzise Klangformung
- Der spaßige Talk-Modus und der Bias-Regler bieten Raum für bizarre Klangexperimente
- Anordnung des internen Signalwegs bietet viel Freiheit und Flexibilität
Contra
- Aufgrund der zahlreichen Funktionen kein „Plug-and-Play“-Pedal
- Anfängerinnen und Anfänger könnten sich schnell im Funktionsumfang verlaufen
Fotos: Electro Harmonix
Auch interessant: