So klingst du wie: Green Day – Equipment-Guide (Teil 1)

Willkommen bei „So klingst du wie“

Kennst du das Gefühl? Du spielst E-Gitarre und fragst dich, warum dein Sound nicht so klingt wie auf der Platte deiner Lieblingsband? Vielleicht nutzt du schon ähnliche Amps, Gitarren und Effekte, aber kannst dir trotzdem nicht erklären, woran es hapert?

Professionelle Musikerinnen und Musiker setzen für ihren Live- und Studio-Sound nicht nur auf simples Gear, das aus E-Gitarre, Verstärker und Pedalboard besteht. Gerade große Bands nutzen häufig komplexe Setups auf der Bühne, wodurch der Gitarrensound für große Hallen- oder Arena-Konzerte optimal zugeschnitten ist.

Ähnlich sieht es im Tonstudio aus: Viele Produzentinnen und Produzenten setzen auf bestimmte Tricks und Kniffe, kombinieren Amps, Cabinets, Effekte und Mikrofone miteinander, die den Klangcharakter der Produktion erst so einzigartig machen. Spätestens nach dem Mastering wurde das Beste aus dem eingespielten Gitarrensound durch Kompressoren, EQs und andere Studio-Tools herausgeholt. Aufgrund dessen ist es häufig schwer, den Sound seiner Lieblingsband im Wohnzimmer exakt nachzuahmen, ohne gleich für Studio- und Rack-Equipment tief in die Tasche greifen zu müssen.

In dieser Reihe wollen wir uns zusammen anschauen, wie große Bands ihren Sound formen, was ihre musikalische Handschrift überhaupt ausmacht und welches Equipment du dafür benötigst. Selbstverständlich schauen wir uns vor allem die spannendsten Low-Budget-Alternativen an, mit denen du für einen schmalen Taler bereits tolle Klangergebnisse erzielen kannst und womit du ganz nah an den Sound deiner Idole herankommst!

So klingt: Green Day

Meine Punkrock-Einstiegsdroge

Für mich persönlich (und für viele andere Musikerinnen und Musiker) galt Green Day als Einstiegsdroge in die Welt des Punkrock, die mich fest gepackt und seitdem nie wieder losgelassen hat! Mehr als drei Jahrzehnte prägt die Band unter Frontmann Billie Joe Armstrong die Musiklandschaft und beeinflusste den amerikanischen Punkrock der 1990er- und 2000er-Jahre nachhaltig.

Wie definiert sich Billie Joe Armstrongs Sound?

Green Days Stil besteht aus hymnischen Chord-Progressions, rotzigem Charme und einer explosiven Live-Energie, die vor allem durch Billie Joes Gitarrensound zustande kommt. Dabei ist es weniger die technische Virtuosität, die ihn auszeichnet, sondern das richtige Gespür, mit einem expressiven Anschlag unheimlich viel aus seiner E-Gitarre herauszuholen.

Armstrongs Signature-Sound basiert auf einem Mix aus Vintage-Flair mit aggressivem Charakter. Zentraler Bestandteil ist dabei seine legendäre Fernandes „Blue“ – eine 80s-Stratocaster-Kopie, die seit den frühen Green-Day-Tagen im Dauereinsatz ist und später von seinem Guitar-Tech mit einem Seymour Duncan JB SH-4/TB-4 modifiziert wurde. Ergänzt wird sein Arsenal durch verschiedene Gibson-Les-Paul- und ES-Modelle, allen voran die Les Paul Junior mit P-90-Pickup, die mittlerweile fast ebenso ikonisch ist wie „Blue“ selbst.

Billie Joes Strat-Kopie „Blue“ – Quelle: Youtube Premier Guitar „Green Day Rig Rundown“

Die klassische Junior unterstreicht Billies Vorliebe für einfache Instrumente, die im Zusammenspiel mit seinem aggressiven Anschlag einen rauen, aber druckvollen Ton liefern. Gerade der typisch transparente P-90-Charakter zeichnet sich in sämtlichen Green-Day-Songs ab und unterstreicht Billies starkes Rhythmusspiel.

Diese Verstärker nutzt Billie Joe Armstrong

In der frühen Kerplunk- und Dookie-Phase griff Billie Joe Armstrong zunächst auf einen Marshall JCM900 4100 zurück, der sowohl bei Aufnahmen als auch live zum Einsatz kam. Spätestens mit dem Dookie-Album stieg er jedoch auf ein modifiziertes Plexi-Setup um, das bis heute seinen Kernsound prägt.

Im Zentrum stehen dabei zwei modifizierte Marshall 1959SLP Plexi-Amps: Der erste, mit „PETE“ beschriftet, wurde von Martin Goulub (LA Sound Design) modifiziert, indem er den Master-Volume-Regler durch einen Gain-Regler ersetzte und dadurch als Bradshaw-Gain-Mod bekannt ist.

Der zweite Plexi-Amp, „MEAT“, trägt ein SE-Lead-Mod, bei dem eine zusätzliche Röhre für mehr Gain sorgt. Beide Amps sind jedoch auf moderate Gain-Einstellungen ausgelegt – Master und Gain stehen bei etwa 10 Uhr. Billie verlässt sich dabei stark auf seine Spieltechnik und Dynamik, um den Sound zu formen, statt auf übermäßige Verzerrung zu setzen.

Frontbild der Billie Joes Marshall 1959 Topteile „PETE“ und „MEAT“
Billie Joes Marshall 1959 Topteile „PETE“ und „MEAT“ – Quelle: Youtube Premier Guitar „Green Day Rig Rundown“

Verstärker und Effekte

Marshall 1959 Modified Super Lead

Frontbild des Marshall 1959 Modified Super Lead Gitarrenverstärker
Marshall 1959 Modified Super Lead

Fangen wir beim Amp an: Wer direkt aufs Ganze gehen möchte, der bekommt mit dem Marshall 1959 Modified Super Lead das wohl authentischste Verstärkermodell, das nach Billie Joes Sound klingt. Diese neue offizielle Mod-Variante basiert auf modifizierten Marshall-Verstärkern der 80er/90er-Jahre, die von Artists, Amp-Bauern und Soundtüftlern durch Upgrades in Sachen Gain-Verhalten und Klangformung überarbeitet wurden.

Alternativen zur echten Röhre: Marshall 1959 Pedal + Blues Driver / TS

Frontbild des Marshall 1959 Pedal Effektpedals
Marshall 1959 Pedal

Alternativ bekommt man den klassischen Plexi-Sound durch das Marshall 1959 Pedal, welches den authentischen Charakter des Originals im kompakten Pedalformat liefert. Für diverse Gain-Stages kann man beispielsweise einen Boss Blues Driver oder einen klassischen Tube Screamer vor das 1959-Pedal schalten, um den Sound bei Bedarf anzupusten. Beide Pedale kommen ebenso in Billie Joes Setup vor und sorgen zumeist in instrumentalen Lead-Passagen für den richtigen Boost. Alternativ kann man selbstverständlich auch auf günsige Effektpedale zurückgreifen, die sich am Schaltkreis des Blues Driver oder des Tube Screamer orientieren: Als günstige Blues Driver-Alternative kommt beispielsweise der Mooer Blues Mood Overdrive infrage – als TS-Alternative bietet sich z. B. der Fame Tube Steamer gut an. Beide Pedale sind für unter 100 € erhältlich und bieten einen identischen Effekt wie ihre großen Vorbilder.

MXR Dookie Drive 30th Anniversary Special Edition

Frontbild des MXR Dookie Drive 30th Anniversary Special Edition Effektpedals
MXR Dookie Drive 30th Anniversary Special Edition

Das MXR Dookie Drive ist wohl das spaßigste Tool, um an den frühen Green-Day-Sound heranzukommen. MXR hat sich besonders darauf konzentriert, den Klangcharakter von Billie Joes modifizierten Amps nachzubilden, wodurch das Pedal sowohl den transparenten Plexi-Crunch als auch den typisch dichten High-Gain-Sound anbietet. Das Highlight ist hierbei der Blend-Regler: Dieser erlaubt es, beide Gain-Sektionen miteinander stufenlos zu mischen, wie es Billie Joe mit seinen beiden Plexis auch macht.

Tipp: Die Modeling-Lösung für den authentischsten Sound

Nutzt du zum Üben bereits einen Amp-Modeler? Häufig bieten viele Modeler die Möglichkeit, kostenlose Amp- und Effekt-Modelle anderer Userinnen und User herunterzuladen und direkt im eigenen Gerät zu nutzen. Dadurch findet man häufig nicht nur qualitativ hochwertige Verstärkermodelle eines teuren Amps, die professionell gecaptured wurden und extrem authentisch klingen, sondern bekommt im besten Fall sogar ganze Rig-Presets, die auf dem exakten Equipment und Routing deines Lieblingsgitarristen basieren.

Ich nutze als Modeling-Amp beispielsweise das TONEX Pedal und habe im ToneNET, dem zugehörigen Online-Netzwerk, bereits einige starke Presets gefunden, die den Sound meiner Lieblingsband mitsamt Verstärker- und Effekt-Modellen authentisch nachahmen. Andere Hersteller wie Neural DSP, Kemper u. v. m. bieten ebenfalls die Möglichkeit an, Presets anderer Nutzerinnen und Nutzer herunterzuladen, wodurch sich ein Blick in die jeweiligen Netzwerke definitiv lohnt!

E-Gitarren

Low-Budget-Strat mit Humbucker-Mod und Les Paul Junior

Frontbild des Seymour Duncan SH-4 JB Humbucker Tonabnehmer
Seymour Duncan SH-4 JB Bridge Humbucker

Wer den exakten Look und Sound von Billie Joe Armstrongs ikonischer „Blue“ bekommen möchte, der muss nicht zwangsläufig tief in die Tasche greifen. Als günstige Strat-Kopie mit modifizierter HSS-Pickup-Konfiguration kann man auf günstige Anfängermodelle wie beispielsweise der J&D E-Gitarre ST Vintage Surf Green zurückgreifen.

Für den authentischen Mod kann der Bridge-Singlecoil durch einen Seymour Duncan SH-4 JB ersetzt werden, wodurch der raue Klangcharakter der echten „Blue“ präzise imitiert werden kann. Wer nicht gleich selber am Instrument schrauben und löten möchte, der kann natürlich auch auf eine günstige E-Gitarre mit bereits vorhandenem HSS-Setup zurückgreifen. Die Squier Sonic Stratocaster HSS MN Tahitian Coral eignet sich mit ihrem HSS-Setup wunderbar, während viele Yamaha Pacifica-Modelle ebenfalls mit einer vielseitigen Pickup-Bestückung überzeugen können.

Tipp: Der Seymour Duncan SH-4 Humbucker liegt bei ca. 135 €. Alternativ kannst du auch auf die günstigeren Roswell Pickups zurückgreifen. Der Roswell HBBC-B4 Hot Link ist mit nur ca. 30 € ein nahezu identisches Pendant zum Seymour Duncan SH-4.

Zusatztipp: Klebe Sticker auf deine E-Gitarre, um deinem Instrument einen individuellen Look zu verpassen!

Frontbild der J&D ST Vintage Surf Green E-Gitarre
J & D ST Vintage Surf Green

Billie Joe nutzt „Blue“ zumeist für alte Green-Day-Songs aus der Dookie-Ära, um den aggressiven Crunch mit ordentlichem Punch zu transportieren. In Kombination mit dem doppelten Plexi-Setup lieferte Green Day in den 90ern mit nur einer Gitarre auf der Bühne einen massiven Sound.

Transparenter P-90-Sound

Modernere Green-Day-Songs setzen dabei weniger auf den dichten Sound einer einzelnen Gitarre – mithilfe von klugem Gitarren-Layering liefern Alben wie American Idiot (2004) oder 21st Century Breakdown (2009) massive Gitarrenwände, die sich nicht durch viel Gain definieren, sondern sich durch Klarheit und Direktheit auszeichnen. Billie Joe nutzt deshalb live und im Studio häufig eine klassische Gibson Les Paul Junior, die mit ihrem einzelnen P-90-Bridge-Pickup einen dynamischen, offenen Sound liefert und durch einen breiten Charakter mit knackiger Ansprache überzeugt.

Alternativ bieten günstigere Epiphone-Modelle wie die Epiphone Les Paul Special zwei P-90 Pickups, wodurch man nicht zwangsweise auf eine teure Gibson zurückgreifen muss!

Frontbild der Epiphone Les Paul Special TV Yellow E-Gitarre.
Epiphone Les Paul Special TV Yellow

Tipp: Bei der Gitarrenwahl kommt es nicht auf die Marke oder gar auf die Korpusform an, sodass selbstverständlich auch andere Gitarrenmarken und Bauformen mit P-90-Pickup wunderbar in diesem Kontext funktionieren.

Kopiere nicht den Sound, sondern lass dich inspirieren!

Am Ende zählt nicht, ob dein Amp exakt wie Billie Joes Plexi klingt oder ob deine Gitarre dieselben Pickups verbaut hat wie seine „Blue“. Viel wichtiger ist, dass du Spaß am Spielen hast, deinen eigenen Stil entwickelst und dich von deinen Vorbildern inspirieren und nicht unter Druck setzen lässt. Teures Equipment kann helfen, bestimmte Sounds zu erreichen, aber es ersetzt nicht das Gefühl für Timing, Ausdruck und Spielweise. Auch Billie Joe Armstrong hat sich die Basis seines Sounds über Jahre hinweg zusammengestellt und dadurch ein klares Gespür, wann weniger manchmal mehr ist. Nutze also das, was du hast, experimentiere, höre genau hin und vor allem: Hab Freude daran, Musik zu machen! 🙂

Denn am Ende ist es nicht das Gear, das zählt, sondern was du aus deinem Equipment herausholst!

Was sagst du zum Thema?

Hoffentlich konnten dir einige Tipps aus diesem Beitrag helfen! Welche Bands mit einzigartigem Signature-Sound findest du am coolsten? Schreibe es uns gerne unten in die Kommentare!

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