Wie viel Watt braucht man für den Proberaum?
Wenn E-Gitarre, E-Bass, Drums und Vocals im engsten Raum aufeinander treffen, dann herrscht meist ordentlich Druck im Proberaum. Gitarren- und Bass-Amps, Vocals, vielleicht Synths oder Backing-Samples und Schlagzeug samt Becken konkurrieren dabei lautstark miteinander. Dabei kann es je nach Setup vorkommen, dass die E-Gitarre gerne mal im Proberaum-Sumpf untergeht und Gitarristinnen und Gitarristen sich selbst am Anschlag des Volume-Regler-Limits im Mix verloren fühlen. Ist mein Amp zu leise? Sind die anderen schlichtweg zu laut?
Eine häufige Frage dabei: Wie viel Watt muss ein Gitarrenverstärker mitbringen, damit man sich im Bandgeschehen durchsetzen kann? Die Antwort ist nicht pauschal – sie hängt vom Amp-Typen, von Lautsprecherboxen und natürlich vom Musikstil ab. Fest steht aber: Watt allein ist nicht alles, sondern Teil eines größeren Puzzles. Wir schauen uns an, welche Verstärker sich optimal im Proberaum durchsetzen können und was wirklich zählt, um einen sauberen Mix im Proberaum zu bekommen!
Als jemand, der in der Jugend jahrelang in einer Waschküche mit den wohlgemerkt schlechtesten akustischen Verhältnissen geprobt hat, möchte ich möglichst realistische Tipps und Tricks geben, mit denen du auch als Anfängerin/Anfänger den optimal Verstärker für deinen Proberaum findest!
Der richtige Verstärker für deinen Proberaum
Wir haben alle klein angefangen!
Miete für einen Proberaum zahlen? Eine teure PA und ein Mixer sind aktuell nicht im Budget drinnen? Gerade für junge Musikerinnen und Musiker ist es häufig nicht leicht einen Proberaum bzw. einen Ort zu finden, wo man in Ruhe laut sein kann, ohne gleich mit Mietkosten und teurem Equipment konfrontiert zu werden. Im besten Fall kann der Drummer seine Räumlichkeiten anbieten oder es gibt die Möglichkeit in der Schule, Uni, Jugend- oder Gemeinschaftszentren zusammen zu musizieren. Kommen diese Möglichkeiten nicht infrage, muss im Zweifel improvisiert werden und vielleicht auf Garagen, Gartenhütten oder (wie in meinem Fall) auf eine Waschküche ausweichen.
Hinzu kommt, dass viele Gitarristinnen und Gitarristen in den meisten Fällen zu Anfang mit einem kleinen Übungsverstärker bewaffnet beim Drummer aufkreuzen und schnell merken, dass ein kleiner 8“ bis 10“ Lautsprecher häufig nicht gegen das laute Schlagzeug ankommt. Die gute Nachricht: Wer mit seiner E-Gitarre gegen das Drum ankommen möchte, muss nicht zwangsläufig tief in die Tasche greifen – es gibt zahlreiche günstige Verstärker, die sich im Proberaum wunderbar durchsetzen und dir langfristig Spaß bringen können!
Watt ist nicht gleich Lautstärke
Oft wird Wattzahl direkt mit Lautstärke gleichgesetzt – das stimmt so jedoch nicht. Watt ist zunächst ein technischer Leistungswert, während unser Gehör Lautstärke logarithmisch wahrnimmt. Deshalb wirkt ein Verstärker mit doppelter Wattzahl nicht doppelt so laut, sondern nur etwa 3 dB stärker. Auch Lautsprecher bzw. Lautsprecherboxen spielen hier eine entscheidende Rolle: Ihr Wirkungsgrad beeinflusst maßgeblich, wie laut ein Amp tatsächlich klingt. Ein effizienter Lautsprecher kann mit derselben Leistung erheblich mehr Schalldruck erzeugen als ein schwächerer, sodass sich eine Box mit höherem Wirkungsgrad oftmals stärker bemerkbar macht als die bloße Erhöhung der Wattzahl.
Transistor- und Röhrenverstärker im Vergleich

Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Verstärkertyp. Röhrenverstärker wirken bei gleicher Wattzahl subjektiv lauter als Transistoramps. Der Grund liegt in ihrer charakteristischen Arbeitsweise: Röhren liefern harmonische Obertöne und eine dynamische Kompression, die sich im Bandgefüge besser durchsetzt.
Transistoren hingegen klingen oft linearer und „sauberer“, benötigen aber mehr Leistung, um die gleiche Durchsetzungskraft im Proberaum zu erreichen. Wer also mit einem Transistorcombo spielt, muss meist mehr Watt einplanen als jemand, der auf einen Röhrenamp setzt. Gerade in Rock- und Metal-Genres, die gerne von aggressivem Drive oder High-Gain-Settings leben, macht sich dieser Unterschied deutlich bemerkbar.
Grobe Richtwerte

Wie viel Watt konkret sinnvoll sind, hängt stark von der Bandkonstellation ab. In vielen Fällen reichen bereits 20 bis 60 Watt völlig aus, wenn es sich um einen Röhrenverstärker handelt, der an eine leistungsfähige Lautsprecherbox angeschlossen ist. Selbst kleinere Amps können in diesem Leistungsbereich erstaunlich viel Druck entfalten und setzen sich problemlos gegen ein Schlagzeug durch.
Bei Transistoren sollte man dagegen etwas großzügiger kalkulieren, da die Leistungsreserven oft geringer sind. Hier empfiehlt es sich, mindestens 40 bis 60 Watt oder mehr einzuplanen, um nicht von Bass und Drums übertönt zu werden.
Warum Röhrenamps oft lauter wirken: Meine Erfahrung aus dem Proberaum

Das erklärt auch, warum ein Röhrenamp in der Praxis oft lauter wahrgenommen wird als ein Transistorcombo mit deutlich höherer Leistung. Mit meinem 50-Watt-Transistorverstärker (Marshall MG50GFX), der im Proberaum nur schwer mithalten konnte, bin ich schnell im Sumpf des dichten Bass-Low-End und der schimmernden Becken versunken. Währenddessen kommt mein 30-Watt-Röhren-Topteil (ENGL Gigmaster 30 mit Master-Volume auf 1/4) mühelos gegen das Schlagzeug und E-Bass an.
Röhren liefern nicht nur mehr Durchsetzungsfähigkeit, sondern die angeschlossene Box – in meinem Fall ein 1x12″-Cabinet – spielt ebenfalls eine große Rolle. Ein effizienter Lautsprecher kann die gesamte Leistung besser umsetzen und sorgt dafür, dass mein Röhrenamp schon bei niedrigem Master-Volume erstaunlich präsent ist.
Und ja, die 1×12″-Cabinet reicht in meinem Kontext völlig aus. Zwar habe ich über einen längeren Zeitraum mit einer 2×12″-Cabinet geprobt, allerdings habe ich schnell gemerkt, dass ein Lautsprecher in Kombination mit meinem Röhren-Topteil völlig ausreicht.
Währenddessen baut mein Transistor-Combo mit 1×12″-Lautsprecher vergleichsweise wenig Druck auf und kommt selbst bei sehr hoher Master-Volume-Einstellung gerade so mit dem Rest der Band mit.
Ein wichtiger Punkt: Mein dargebrachtes Fallbeispiel mit meinen Verstärkern ist eine subjektive Erfahrung, die selbstverständlich nicht bei jedem so aussieht. Faktoren wie die akustischen Gegebenheiten des Raums, die Lautsstärke des Drummers (in meinem Fall spiele ich mit einem echten „Heavy-Hitter“, der wirklich drauf haut) und wie das gesamte Proberaum-Equipment zusammen harmoniert (laufen die Vocals über eine PA? Spielt man mit Monitor-Wedges oder verzichtet man darauf? Wie viele Gitarren spielen in der Band-Konstellation? Wie viele Schallquellen gibt es, die Einfluss auf die Lautstärke und auf den Mix im Proberaum haben? Nehme ich eine 4×12″-Box lauter war als eine 1×12″-Box? etc.).
Orientierung für die Praxis
Für den Alltag im Proberaum lässt sich daher eine grobe Faustregel aufstellen: Ein Röhrenverstärker mit 20 bis 60 Watt reicht für die meisten Bands vollkommen aus, während bei Transistor- oder Modeling-Combos eher 40 bis 60 Watt oder mehr (je nach Raumgröße und individuellen akustischen Gegebenheiten) empfehlenswert sind. Wer härtere Stile wie Metal spielt, sollte auf zusätzliche Leistungsreserven achten, um im Mix nicht unterzugehen.
Gleichzeitig sollte man den Blick nicht nur auf die Wattzahl richten, sondern auch auf die verwendete Box. Ein Lautsprecher mit hohem Wirkungsgrad kann die wahrgenommene Lautstärke deutlich anheben und macht in vielen Fällen mehr aus als ein Verstärker mit noch ein paar Watt zusätzlich. So entsteht am Ende ein rundes Setup, das nicht nur laut genug, sondern auch klanglich ausgewogen ist.
Die akustischen Bedingungen spielen selbstverständlich eine große Rolle im Proberaum: Fliesen und nackte Wände reflektieren den Schall enorm und sorgen im schlimmsten Fall für einen nicht so optimalen Sound zum proben. Akustik-Panele und Teppiche können den Proberaum-Sound bereits ordentlich aufwerten – selbst als junge Band sollte man an dieser Stelle nicht sparen! Weitere nützliche Tipps und Tricks für einen optimalen Raumsound im Proberaum findest du hier in diesem Beitrag!
Verstärker für den Proberaum
Die folgenden Verstärker eignen sich optimal für den ersten Proberaum. Je nach deinen individuellen Verhältnissen im Proberaum ist die Wattzahl nur ein grober Richtwert. Teste die Verstärker im besten Fall vorher an, um feststellen zu können, ob dir die Lautstärke für deine Zwecke ausreicht oder ob du noch mehr Headroom brauchst.
Combos mit Modeling:
Transistor-Combos:
Röhren-Combos:
Fazit
Für Bands im Proberaum sind 30 bis 60 Watt eine solide Basis – insbesondere als Röhrenverstärker, da er „lauter wirkt“ und mehr Headroom liefert. Transistor-Modelle brauchen etwas mehr Watt (40 bis 60 oder mehr), dafür ist ihr Klang bei mittleren Lautstärken oft sauberer. Wichtig: Die Box ist entscheidend. Mit effizienten Lautsprechern erreichst du mehr Lautstärke bei weniger Watt.